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portraitAfghanistans grüner Außenminister

Während die Todesstrafe, die dem aus Deutschland zurückgekehrten afghanischen Christen Abdul Rahman droht, derzeit die Gemüter erregt, wird der gleichzeitige Aufstieg eines anderen aus Deutschland zurückgekehrten Afghanen übersehen. Dabei ist der Fall von Rangin Dadfar-Spanta ebenfalls bemerkenswert und sagt – wie der Fall Rahman – viel aus über das politische Ringen am Hindukusch aus. Präsident Hamid Karsai machte am Mittwoch Dadfar-Spanta zum neuen Außenminister. Er löst Abdullah Abdullah ab, mit dem sich Karsai überworfen hat. Allerdings muss das Parlament noch zustimmen.

Der aus der Nähe der westafghanischen Stadt Herat stammende Dadfar-Spanta war erst im Januar 2005 nach 23 Jahren Exil in Aachen nach Kabul zurückgekehrt. Dort hatte Karsai den Politologen zum außenpolitischen Berater gemacht. In Aachen, wohin der Sohn einer Großgrundbesitzerfamilie 1982 geflohen war, hatte Dadfar-Spanta promoviert und zuletzt an der Universität unterrichtet. Zudem arbeitete er als so genannter Promotor für entwicklungspolitische Bildung im lokalen Eine-Welt-Forum, führte die im Exil aktive Demokratische Allianz für Afghanistan, arbeitete im Antidiskriminierungsbüro und war bei den Bündnisgrünen aktiv. 1999 kandidierte er für den Stadtrat. „Der ist einer von uns“, sagte gestern der Geschäftsführer der grünen Ratsfraktion, Günter Schabram, zur taz. Er nennt Dadfar-Spanta, den er seit 1982 kennt, einen Freund und aufrichtigen Demokraten. Der lasse sich nicht verbiegen. Deshalb beneidet Schabram ihn auch nicht um seinen schwierigen neuen Job. Positiv äußern sich auch Exkollegen vom Eine-Welt-Forum. „Dadfar-Spanta ist progressiv,“ sagt María Elena Bayola. „Er machte immer gute Vorschläge. Man konnte sich auf ihn verlassen.“

Dadfar-Spanta, dessen Frau und erwachsene Kinder in Deutschland blieben, sagte einmal der taz halb im Scherz, er sei eigentlich „Khan“ – Clanchef. Als überzeugter Demokrat legt er keinen Wert auf solch traditionellen Titel, doch in der afghanischen Realität kann er dies nicht ignorieren. Ein 2003 über ihn gedrehter deutscher Film heißt denn auch „Ein Khan kehrt zurück“ und beschreibt damit das Spannungsfeld, in dem Dadfar-Spanta sich heute bewegt. Während er im Exil wegen seiner deutlichen Worte ein beliebter Kommentator für die Medien war, musste er in Kabul bereits notgedrungen Leibwächter akzeptieren. Denn der mysteriöse Tod seines Bruders aus womöglich politischen Gründen ist eine Warnung. Islamisten dürften über Dadfar-Spantas Nominierung nicht erfreut sein. Für Abdul Rahman hingegen verkörpert sie Hoffnung. SVEN HANSEN

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