KRAFTWERK FÜR KINDER: Medienpädagogik
Wenn man Kinder für etwas positiv einnehmen will, muss man nur sagen: Es ist in 3-D.
3-D heißt für Kinder wahrscheinlich einfach Animationsfilm und dass es unterhaltsam wird. Anders als die Schwarzweißfilme, die Papa ihnen im Rahmen seines medienpädagogischen Programms unterzujubeln versucht. Meine Kinder sind da so manche Finte gewohnt.
Aber Kraftwerk, die wichtigste Band aus Deutschland? Und ihre quasifoucaultsche Botschaft vom Verschwinden des Menschen? Wie vermitteln wir das? Wie schön, dass in der Galerie Sprüth-Magers gerade, noch bis Samstag, Videos der Band zu sehen sind. Als ich beim Abholen in der Schule bekannt gebe, dass wir uns nun Kraftwerk ansehen, gibt es zumindest keine Tränen wie neulich, als ich einen Besuch im Jüdischen Museum ankündigte. Das Zauberwort 3-D wirkt.
In der Galerie laufen Hintergrundfilme für die Auftritte der Band, zuletzt im Lenbach-Haus in München zu sehen – zertifiziert große Kunst also. Da kommt man sich fast vor, als würde man die Kinder in die Oper mitnehmen. Die Ältere fragt auch gleich: „Warum muss man hier keinen Eintritt bezahlen?“
Ich sehe mich in der Galerie um und erblicke andere alt gewordene Techno-Väter, die ihren Kindern die Helden ihrer goldenen Jahre nahebringen wollen. Mit Reiswaffeln still gehalten sehen Kinder mit Pappbrillen auf der Nase den Robotern beim Musizieren zu. Die großen Kinder von Kraftwerk und die kleinen Kinder auf dem Galerieboden verstehen sich sofort.
Der eigene Nachwuchs identifiziert korrekt die technologische Transformation der Musikanten in „Wir sind die Roboter“: „Die sind jetzt Maschinen.“ Über „Autobahn“ heißt es: „Das klingt wie ein Kinderlied.“ Gehen will man am Ende nicht.
Mission accomplished, erfolgreich deutsches Kulturgut vermittelt – geht doch, wenn es in 3-D ist. TILMAN BAUMGÄRTEL
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