Weitermachen wie bisher!: KOMMENTAR VON BETTINA GAUS
Begeisterte Freude wird nach diesen Landtagswahlen in keinem politischen Lager ausbrechen. Das bedeutet jedoch zugleich: Alle Regierenden konnten ihr Gesicht wahren. Für eine gedeihliche weitere Zusammenarbeit der so genannten Volksparteien ist dies das beste aller vorstellbaren Resultate. Wem das nicht gefällt und wer dennoch nicht zur Wahl gegangen ist, dem kann man nur achselzuckend bescheinigen: Selber schuld.
Die Feinheiten der Ergebnisse werden in den nächsten Tagen die Strategen in den jeweiligen Parteizentralen besprechen – und da gibt es für alle durchaus Beratungsbedarf. Die Bedeutung der drei Landtagswahlen für das Bundesgebiet, die über regionale Besonderheiten hinausgeht, stand bereits unmittelbar nach Schließung der Wahllokale fest. Nämlich: Die große Koalition kann ungestört weiterarbeiten.
Alle Ministerpräsidenten werden sich durch das Wahlergebnis in ihren Ämtern bestätigt fühlen. Die Parteien aller drei Kandidaten haben Stimmen hinzugewonnen. Sogar der als unbeliebt geltende Günther Oettinger in Baden-Württemberg durfte sich über einen großen Erfolg freuen. Noch viel mehr gilt das für Kurt Beck, der im letzten Jahr ja sogar als SPD-Vorsitzender im Gespräch war.
Die alte Theorie, der zufolge jede große Koalition zwangsläufig die Ränder stärkt, hat sich zumindest bei diesen Wahlen nicht bestätigt. Gewiss: In Sachsen-Anhalt konnte die PDS ihren Vorsprung vor der SPD ausbauen. Die FDP verzeichnet deutliche Zuwächse in Baden-Württemberg und in Sachsen-Anhalt. Aber das sind eben Ergebnisse, die für Feinschmecker relevant sind. Nichtprofessionelle Wählerinnen und Wähler haben – achselzuckend? – allerorten den Auftrag erteilt: Macht halt erst mal so weiter wie bisher. Wir sind vielleicht nicht gerade hingerissen, aber eine bessere Alternative sehen wir auch nicht.
Es ist verständlich, wenn die professionellen Deuter der Parteien diese Ergebnisse nun jeweils in ihrem Sinne interpretieren. Aber sie sollten – auch im eigenen Interesse – zumindest ein kleines Fragezeichen hinter ihre Genugtuung setzen. Die niedrige Wahlbeteiligung ist nämlich ein deutliches Alarmsignal. Parteiübergreifend.
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