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Ein Testlauf für den Widerstand

Längst ist Genmais in NRW angekommen. Doch Verbraucher und Landwirte sind darüber nur schlecht informiert, sagen Naturschützer. Auch ein Grund für den geringen Widerstand

VON GESA SCHÖLGENS

Auch wenn sich die Mehrheit der Verbraucher und Landwirte gegen Gentechnik ausspricht, regen sich in NRW kaum Proteste gegen Anbauversuche. Ein Beispiel ist die Stadt Werne im Lipperland. Dort will der Saatguthersteller Monsanto demnächst einen von fünf bundesweiten Tests mit einer neuen Genmaissorte durchführen. Gestern endete die Widerspruchsfrist. Doch nur fünf Werner reichten schriftlich Einspruch ein, 59 unterzeichneten ein Protestpapier.

„In Baden-Württemberg gibt es Riesenproteste gegen die Versuche, hier tut sich fast gar nichts“, beschwert sich Gentechnikgegner Clemens Overmann aus Werne. Seit drei Jahren gebe es im Ort Versuchsreihen gegen den Pflanzenschädling Maiszünsler. „Der kommt aber in der Region gar nicht vor.“ Die Nachbargemeinde habe bis vor kurzem nichts über die Versuche an der Gemeindegrenze gewusst.

In NRW wird seit Jahren Genmais getestet. Bislang bekommt die Öffentlichkeit wenig davon mit. Viele Bauern wollten sich nicht mit Gentechnik beschäftigen, „weil es sie verunsichert oder ihre Betriebe nicht direkt betrifft“, sagt Ralf Bilke, Agrarexperte beim Bund für Umwelt- und Naturschutz NRW (BUND). „Die Landwirte werden aber durch die Fachpresse auch kaum über Genmais informiert“, so Mute Schimpf von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft NRW. Dabei gebe es viele Risiken beim Anbau: So könnten Nachbarfelder mit gentechnisch veränderten Pollen kontaminiert werden. Zudem bringe Genmais Extraaufwand und neue Kosten, etwa für höhere Saatgutpreise.

Auch von offizieller Seite gibt es wenig Informationen: Zwar sind in einem Standortregister auf der Internetseite des Bundesverbraucherminsteriums alle Anbauflächen abrufbar. „Doch die wenigsten kennen das Register“, so Bilke. Zudem würden die genaue Lage der Felder und die Eigentümer nicht angegeben. Problematisch sei auch, dass der Anbau zu Versuchszwecken erst drei Tage vor Beginn ins Netz gestellt werde. Der BUND hat deswegen ein Register entwickelt, das die Felder genau lokalisiert.

„Das Standortregister stellt einen gewissen Persönlichkeitsschutz sicher“, entgegnet Helmut Meßner, Geschäftsführer des Deutschen Maiskommitees, das gentechnisch veränderte Sorten auf ihre Qualität prüft. Landwirte könnten die genauen Daten beantragen. Allerdings müssten sie dies begründen, etwa mit der Nähe ihrer Felder zum Versuchsfeld.

So gehen bislang nur im Münsterland Umweltschützer und Landwirte aktiv gegen Genmaisfelder vor, in anderen Anbaugebieten geschieht nichts. Der Werner Stadtrat will nun auf Drängen Overmanns eine Resolution beschließen. Allerdings müssen sich die Fraktionen selbst erst besser über Gentechnik informieren. „Wir können als Kommune ohnehin nicht mehr tun, als an das Gewissen des Landwirts zu appellieren, der sein Feld für den Anbau zur Verfügung stellt“, so Bürgermeister Rainer Tappe (SPD). „Wenn das so weiter geht, werden wir das Versuchszentrum von Monsanto“, empört sich Overmann.

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