spd-depression: Partei mit Höhenangst
Nicht zu früh wieder in die Seile gehen, rät SPD-Bundesvize Peer Steinbrück dem hörsturzkranken Parteichef Matthias Platzeck. Und beschreibt damit die Furcht der NRW-SPD nach dem Absturz im Mai 2005: Die GenossInnen an Rhein und Ruhr haben Höhenangst. Sie rufen lieber der Rüttgers-Riege von unten zu, was alles schlecht läuft. Zahlreiche Anträge wurden am Wochenende auf dem Landesparteitag gestellt, aber was steht drin? Viel Oppositionsgewäsch, wenig eigene Ideen. Die Partei arbeitet sich an der schwarz-gelben Koalition ab, wirkliche Alternativen zu CDU und FDP fehlen aber.
KOMMENTAR VONANNIKA JOERES
Fast ein Jahr ist die nordrhein-westfälische SPD von der Regierungsbank verstoßen. Jetzt gibt sich die Partei noch einen weiteren Aufschub: Erst in wiederum einem Jahr soll der so genannte „Zukunftsentwurf NRW“ stehen. Bis dahin kann die SPD der Landesregierung inhaltlich nicht viel entgegen setzen. Viel zu spät kommen die GenossInnen in die Seile: In diesem Jahr verabschiedet Schwarz-Gelb das Schulgesetz, wird die ätzenden Kürzungen durchpeitschen, ökologische Standards in NRW senken. Jetzt kocht der alte Streit um eine „Schule für alle“ wieder hoch, einst ein ureigenes SPD-Thema. Jetzt gehen die BürgerInnen NRWs auf die Straße, die Beamten, ÄrztInnen, KrankenschwesterInnen, selbst SchülerInnen protestieren gegen das konservative Diktum. Ein dankbares Publikum für Vorschläge der SPD, für ein aktuelles Zukunftsprogramm.
Während der Hörsturz Platzeck von den Seilen fernhält, steckt den GenossInnen noch der absurde Wahlkampf 2005 in den Beinen. Dort haben sie gegen die Union einen Wahlkampf geführt, der dem Geist der eigenen Agenda zuwiderlief. Denn auch die SPD hat in NRW gekürzt, gestrichen und Steuern sinnlos verschenkt. Trotzdem kann sie jetzt umkehren und neue Themen finden, zum Beispiel eben die Gesamtschule. NRW braucht jetzt Opposition. Nicht erst 2007.
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