reissäcke unter sich von WIGLAF DROSTE:
Es ist für Zeitungsverlage und Chefredaktionen sehr günstig, Redakteure zu beschäftigen, die von Ehrgeiz, Fleiß und Intriganz zusammengehalten werden. Zuverlässig geistfrei, dabei stets vollrohr engagiert und begeistert, schreiben solch Sekundärtugendbolde ihre Blätter voll. In Frank Schirrmachers FAS besorgt, neben anderen, Volker Weidermann die Aus-allem-nichts-Macherei. Der Literaturredakteur pflegt eine Vorliebe für Schriftsteller, die so flach sind wie er selbst. Wenn einer ein Buch schreibt, das sogar Volker Weidermann verstehen kann, wird er von Weidermann im Gegenzug mit einem Werbetext bedacht, den man auf Gummistempel schneiden, vulgo in der FAS wegdrucken kann.
Autoren, die sich das gefallen lassen, attestiert Weidermann, dass sie „Leben und Theorie, Herz und Kopf, Erkenntnis und Leidenschaft aufs wunderbarste miteinander verbinden“. Sein phrasengesättigtes Wühltischdeutsch gipfelt im marktschreierischen Jauchzer: „Die deutsche Gegenwartsliteratur ist nicht mehr unverkäuflich, sondern ein richtiger Publikumserfolg.“ Das ist ja ganz doll, vor allem für Betriebsmitmischer, die sonst abgemeldet wären.
In seinem Buch „Lichtjahre“ fand Weidermann zu der Ansicht, dass es um Wolf Biermann „sehr, sehr still“ geworden sei. Stille ist etwas, das sich im Zusammenhang mit Wolf Biermann überhaupt nicht assoziieren lässt. Weil aber sowohl Weider- als auch Biermann bei Kiepenheuer & Witsch veröffentlichten und Wolf Biermann alles, nur eben niemals still ist, kam es zum Skandälchen: Biermann war beleidigt, trennte sich von KiWi und ningelt ab nun von Hoffmann und Campe aus. Es sind auf dieser Welt schon gehaltvollere Reissäcke umgefallen.
Weidermann aber ergriff die Gelegenheit mit beiden Händen. In der FAZ vom 3. April schrieb er einen Artikel ganz über sich selbst und seine große Bedeutung. „Das Lesen ist schön“ hieß das Vollgummiteil, und die Unterzeile zeigt den Autor auf der Höhe seiner Sprache: „Ja, Leidenschaft: Warum Literatur und Kritik lebendig sind“. Ja, warum nur? Damit ein Betriebsstricher tüchtig Brownie-Points sammeln kann? Das jedenfalls tut Weidermann ausgiebig: „So bin ich in meinem Leben“, jubelt er idiotisch, aber karriereclever, „durch die Leidenschaft eines Marcel Reich-Ranicki für die Welt der Literatur gewonnen worden“.
Das ist die Suppe, in der Volker Weidermann mitschwimmen möchte: nicht Literatur, sondern ihr Gegenteil, „die Welt der Literatur“, der Betrieb, in dem man nicht lesen, schreiben und denken können muss, sondern ganz mit dem Ölen der Kontakte beschäftigt ist, mit der Teilhabe an Macht.
Außer dem Anschleimen beherrscht Weidermann noch das Aufpumpen: „Natürlich tut es mir leid, dass Wolf Biermann wegen meines Buches den Verlag Kiepenheuer & Witsch verlässt.“ Der Satz besteht aus drei Worten: „wegen meines Buches“. Stolz streicht sich Volker Weidermann über den Lachs. Groß und wichtig steht er da, zwischen Wolf Biermann und Marcel Reich-Ranicki, die, das haben sie selbst oft und laut genug gesagt, auch groß und wichtig sind. Diesen Platz hat Volker Weidermann sich ausgesucht, und genau da muss man ihn stehen lassen.
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