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Taktische Fragen

SCHWARZ-GRÜN ROT-ROT-GRÜN SCHWARZ-ROT NEUWAHLEN Wohin geht die parlamentarische Reise nach der Bundestagswahl? Welche Volten werden die Parteien schlagen, um zu regieren oder nicht zu regieren? Wie begleitet die taz all dies?

Herrenriege ade

■ betr.: „Genossen im Dilemma“, taz vom 26. 9. 13

Die Spatzen pfeifen es von den Dächern: Grün strebt zur Mitte. Eine hervorragende Möglichkeit, jetzt mit Merkel und Konsorten zu koalieren. In Bezug auf den Atomausstieg würde sich das sogar gesamtgesellschaftlich eher positiv auswirken.

Die Sozialdemokraten können sich nur erneuern, wenn sie sich auf ihre linke Tradition besinnen, statt auf Ministerämter zu spekulieren. Eine Annäherung an die Linke würde uns eine kräftige Opposition bescheren und neue Perspektiven für einen künftigen Regierungswechsel eröffnen. Im Übrigen, was soll das Lamentieren. Vier Jahre sind schneller vorbei als man denkt. Allerdings müsste sich in dieser Zeit die aktuelle, völlig uncharismatische, gewichtige Herrenriege von der Bühne verabschieden und endlich durchaus vorhandenen Lichtgestalten einen Auftritt gestatten. Sonst wird das nämlich wieder nichts. HEINZ MUNDSCHAU, Aachen

Saturierte Feigheit

■ betr.: „Totalschaden für Rot-Grün“, taz vom 23. 9. 13

Um Situation und Zukunft unserer Republik zu verstehen, kann man gar nicht oft und deutlich genug darauf hinweisen, dass unter statistischer Berücksichtigung der Wahlenthaltung die CDU/CSU nur auf 29,7 Prozent Stimmen aller Wahlberechtigten kam und die SPD auf lediglich 18,4 Prozent. Nichts kennzeichnet die Klassengesellschaft deutlicher als diese mageren Zahlen. Zudem darf überhaupt nicht aus dem Blickwinkel und der öffentlichen Diskussion verschwinden, dass es im neuen Bundestag eine Mehrheit für Rot-Rot-Grün gibt, deren Wähler sich einverstanden erklärten mit den entsprechenden Schnittmengen an Werten und Zielen. Den leitenden Damen und Herren der letztbezeichneten Parteien fehlt es nun allerdings an Mut, Weitblick und Kompromissbereitschaft, um gemeinsam „den Rockzipfel der Geschichte“ zu ergreifen und regierungsfähig zu werden. Stattdessen: Starrsinnige Arroganz, beleidigtes „Tellerrand-Denken“ und saturierte Feigheit. Schade für unsere Demokratie!

ALBRECHT THÖNE, Schwalmstadt

Gemeinsamkeiten

■ betr.: „Merkel sucht neuen Koalitionspartner“, taz vom 24. 9. 13

Zwar hat Bundeskanzlerin Merkel selbst ein gutes Wahlergebnis erzielt, die Bildung einer erforderlichen Koalition könnte sich jedoch hinziehen. Im Zweifelsfall muss SPD-Chef Gabriel handeln und im Interesse stabiler Regierungsverhältnisse zumindest schon einmal Sondierungsgespräche mit Grünen und Linkspartei führen. Grundlage hierfür sind interessante Punkte sowohl bei der SPD, welche unsere marode Verkehrsinfrastruktur mittels privater Investoren verbessern will, sowie bei den Grünen, welche die Luftverkehrssteuer nach der Umweltverträglichkeit der Fluggesellschaften berechnen will, als auch bei der Linkspartei, welche Förderprogramme für mittelständische Unternehmen vorsieht. HOLGER VOSS, Berlin

Verschaukelt

■ betr.: „Sollen Union und Grüne koalieren?“, taz vom 24. 9. 13

Sowohl Peter Unfried als auch Martin Reeh lassen das entscheidende Argument aus, weswegen eine schwarz-grüne Koalition allenfalls ein skurriles Gedankenspiel bleiben sollte: die politischen Inhalte. Auf die 38 Fragen des Wahl-O-Mat überschneiden sich die Antworten der Union und der Grünen zu 24 Prozent. Wenn jetzt aus diesen zu weniger als einem Viertel übereinstimmenden Positionen eine Koalition gezimmert werden soll, nur weil die Sitzverteilung so nett aussähe und die Journalisten gerne ein gemeinsames Lebensgefühl der „Bürger mit sozial-ökologischen Werten“ herbeischreiben würden, dann komme ich mir als Wähler verschaukelt vor.

ROB BAUER, Oberkrämer-Vehlefanz

Bündnis Grün-Rot

■ betr.: „Sollen Union und Grüne koalieren?“, taz vom 24. 9. 13

Die Pro-Stimme von Peter Unfried trifft voll daneben, denn sie ignoriert, was sich in der Hamburger schwarz-grünen Koalition abgespielt hat: An einem modernen Thema, das die CDU für eine grüne und moderne Bildungspolitik gegen ihre eigenen Mitglieder durchgesetzt hat, ist die Partei der Grünen gegen die Wand gelaufen. Die einzige Chance der Partei sehe ich in der Opposition gegen eine große Koalition zusammen mit den Linken. Dort kann sich ein Bündnis „2015 Die Grünen“ bilden: die Wiedervereinigung der politischen Ost-West-Teilung der zukunftsweisenden gesellschaftlichen Kräfte und die Überwindung der Stasi-Vergangenheit der Linken.

Dann gibt es wieder drei starke Parteien in Deutschland, wie damals in der Bonner Republik.

JOHANNES SPARK, Bremen

Einfache Rechnung

■ betr.: „Mit ein bisschen Fantasie“, taz vom 26. 9. 13

Bevor Lukas Wallraff seiner Fantasie freien Lauf lässt und die SPD zum Wahlverlierer ausruft, sollte er die einfachen Grundrechenarten nutzen: Mandatsverluste bei der Linkspartei: 12, bei den Grünen: 5, bei der SPD 0, 46 Mandate neu gewonnen. Das heißt, die SPD hat mehr als das 2,5-Fache der Verluste von Grün/Tiefrot gewonnen. Und dass eine linke Mehrheit im Bundestag mit acht Sitzen vor der Union existiert, liegt nicht an dem „historischen“ Ergebnis der Linken oder an den Grünen. Was man damit macht, steht auf einem anderen Blatt, aber zuerst müssen die Fakten stimmen. ERDMANN LINDE, Bochum

Endgültiger Sprung nach rechts

■ betr.: „Grüne Umverteilung“, taz vom 25. 9. 13

Es ist nicht zu glauben! Da gibt es eine Mehrheit links der CDU und die Führung der Grünen läuft Hals über Kopf davon, weil sie sich vor ihrer Verantwortung drückt. Falls die Merkel anruft, oder Gysi oder vielleicht doch Steinmeier, kann man wenigsten sagen: „Es ist keiner zu Hause.“ Wer da schon auf dem Sprung ist, sind keine „Realos“; das hat nichts mit Realismus contra „linken Utopismus“ zu tun. Was da kommt, ist ein vollständiger und endgültiger Sprung nach rechts, der vom grünen Programm nun nicht einmal verbal etwas übrig lässt. Kretschmann sagt, die Grünen gehörten nicht zwischen SPD und Linke. Göring-Eckardt will mit den „Leuten aus der Wirtschaft“ ihr nebulöses „Gernerationenprojekt“ umsetzen. Soziale Gerechtigkeit verkommt vollends zu einer Floskel.

Die FDP ist nicht tot, sie hat das ewige Leben und einen neuen Namen; aber mit Feuchtbiotop und Veggie-Day. Und Claudia Roth träumt vom Posten der Bundestags-Vizepräsidentin. Wenn sie schnell sind, klappt es doch noch mit Mutti. Seehofer, keine Angst, die tun nichts, die wollen nur mitspielen. Was für eine komplett verlogene Veranstaltung! WILLI KLOPOTTEK, Herne

Bigottes grünes Bürgertum

■ betr.: „Der Steuer-Mann geht von Bord“, taz vom 25. 9. 13

Fast alle politischen KommentatorInnen erklären den Absturz der Grünen mit ihren Steuerforderungen im Wahlprogramm. Festgemacht wird dies besonders an der Person von Jürgen Trittin. In seinem Windschatten segeln OpportunistInnen wie Katrin Göring-Eckhardt, die nach der Wahl einfach den Kurs ändern. Sie wollen ihrer Klientel nicht zumuten, für mehr soziale Gerechtigkeit auf einen kleinen Teil ihrer Privilegien zu verzichten. Das bigotte Bürgertum nimmt endgültig von den Grünen Besitz, ergötzt sich an Kirchentagen und bewegt sich unter seinesgleichen zwischen Biomarkt und Öko-Siedlung, die Kinder auf der Privatschule. Soziale Gerechtigkeit bleibt für diese Leute ein Randthema.

Politiker wie Jürgen Trittin, die einen Blick für die Lebensrealität auch außerhalb der eigenen Klientel haben, sterben bei den Grünen wohl aus.

Trittin handelte aus Überzeugung und wollte dem Wahlvolk auch Unangenehmes zumuten. Er stellte sich der Verantwortung, die Hartz-IV-Politik der rot-grünen Koalition zu korrigieren. Anstatt weiter Überzeugungsarbeit dafür zu leisten, dass soziale Gerechtigkeit ein Kernthema der Zivilgesellschaft ist, beschließen die Grünen nun, sich wieder ihren „Kernthemen“ zuzuwenden. So können nur Leute denken, für die die einzige Bedrohung in der Umwelt lauert und nicht im täglichen Kampf zwischen Hartz IV und Tafel. BURKHARD HILL, München

Politikwechsel jetzt!

■ betr.: „Merkel sieht neuen Koalitionspartner“, taz vom 24. 9. 13

Die Linke ist in einigen Bundesländern erfolgreich gewesen. Die Wiedervereinigung ist seit mehr als zwanzig Jahren abgeschlossen. Hannelore Kraft hat mit Hilfe der Linken nach Neuwahlen eine stabile rot-grüne Landesregierung zustande gebracht. Schäfer-Gümbel wird es in Hessen hoffentlich genauso tun. Wenn Politikwechsel, den SPD und Grüne seit mehr als einem Jahr fordern, nur Ministertauschsessel bedeutet, dann darf das niemand mehr ernst nehmen. Die SPD wird aus einer Großen Koalition erneut geschwächt herauskommen. Und den Grünen blüht vielleicht das Schicksal der FDP, die allerdings zu Recht nicht mehr diesem Deutschen Bundestag angehört.

Die Parteiprogramme von SPD, Grünen und Die Linke sind, mit Ausnahme in der Außen- und Sicherheitspolitik, nicht so weit auseinander, dass es nicht zu einer Zusammenarbeit kommen könnte. Der Hauptprofiteur der Eurozone, nämlich Deutschland mit seinem unsäglichen Niedriglohnsektor, hat eine andere Verantwortung, als den Südländern dauernd neue Sparprogramme aufzubürden.

Jetzt ist Politikwechsel möglich. Rot-Rot-Grün hat eine Mehrheit im Deutschen Bundestag von mindestens sieben Mandaten. Frau Merkel ist nicht zwangsläufig die neue Bundeskanzlerin. SPD oder Grüne, die der CDU zur Mehrheit verhelfen, werden die Krümel eines Kuchens aufklauben, die die CDU als Köder ausgelegt hat. Nach diesen vier Jahren wird es einen Politikwechsel noch weniger geben. JÖRG-FRIEDRICH KÜSTER, Lingen

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