… DIE DIPLOMATEN?: Falsch parken und nicht zahlen
Der Durchschnitt ist ganz ordentlich: Sieben Ordnungswidrigkeiten hat jedes Diplomatenauto in Berlin im vergangenen Jahr geschafft. 2.825 Autos in Berlin tragen das Sonderkennzeichen, das mit einer Null beginnt, sowie den Länderaufkleber „CD“. Die größten Verkehrsrowdys sind die Diplomaten aus Saudi-Arabien, Russland, Iran, China, Libyen, den USA, der Türkei und Griechenland. Alle Diplomaten zusammen fielen 20.714-mal auf, zum Beispiel wegen Falschparkens, überhöhter Geschwindigkeit oder der Missachtung einer roten Ampel. Die Zahlen hat Innensenator Frank Henkel (CDU) auf eine parlamentarische Anfrage des CDU-Abgeordneten Peter Trapp veröffentlicht. 300.720 Euro hätten die Diplomaten dafür eigentlich zahlen müssen – doch dank ihrer Immunität sind sie per Gesetz „von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit“. Das gilt sogar nicht nur für Ordnungswidrigkeiten, sondern auch für Straftaten, selbst für Mord. Die Zahl der Straftaten durch Diplomaten wird allerdings nicht statistisch erfasst. Die einzige Handhabe der deutschen Behörden ist, einen Diplomaten zur unerwünschten Person zu erklären und ihn so des Landes zu verweisen.
Besondere Aufmerksamkeit erlangte im Jahr 2004 der Botschafter Bulgariens, der in seinem schwarzen E-Klasse-Mercedes in Schlangenlinien fuhr. Als die Polizei das Auto anhalten wollte, raste er weiter. Nach einer Verfolgungsjagd kam er doch noch zum Stehen und zeigte seinen Diplomatenpass. Die Polizisten durften daher nicht messen, wie stark betrunken er war. Sie zogen allerdings den Zündschlüssel ab, um weitere Straftaten zu unterbinden. Der Diplomat zog seinen Zweitschlüssel, startete seinen Wagen erneut und verletzte beim Wegfahren sogar eine Polizistin leicht. Seine Tage als Botschafter waren somit gezählt, kurz darauf wurde er abberufen.
Der CDU-Abgeordnete Peter Trapp appellierte an die Diplomaten: „Die Normen des Gastlandes einzuhalten gehört sich einfach. Alles andere macht keinen guten Eindruck.“ Hoffentlich ignorieren die Diplomaten das. Sonst müsste sich der deutsche Botschafter in Saudi-Arabien mehrere Ehefrauen halten und Verfehlungen seiner Mitarbeiter nach den Regeln der Scharia bestrafen. S. HEISER Foto: dpa
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