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Nur Kleingeld für Kids

Mehr Geld für Kindergärten, weniger für Migranten: Koalition einigt sich auf Kompromisspaket zum Haushalt 2006. Unmut in der CDU wegen gebrochener Wahlversprechen beim Landesjugendplan

AUS DÜSSELDORFMARTIN TEIGELER

Schwarz-Gelb nimmt einige Einsparungen im Landeshaushalt zurück – und kürzt statt dessen an anderer Stelle noch heftiger. Mit breiter Mehrheit beschlossen die nordrhein-westfälischen Regierungsfraktionen von CDU und FDP gestern letzte Korrekturen am Etat 2006. Mitte Mai soll der Haushalt offiziell vom NRW-Landtag verabschiedet werden. Nach „harten und intensiven“ Gesprächen habe man sich auf einen Kompromiss verständigt, sagten die Fraktionsvorsitzenden Helmut Stahl (CDU) und Gerhard Papke (FDP) in Düsseldorf.

Kernpunkt der Korrekturliste: Wie vorab von der taz berichtet, wird es mehr Geld als ursprünglich angesetzt für die Kindergärten in NRW geben. 40 Millionen Euro sollen zusätzlich ausgegeben werden. Weitere 25 Millionen Euro werden ferner für einen „Aktionsplan frühkindliche Förderung“ sowie für vorschulische Sprachförderung zur Verfügung gestellt. „Wir haben einen guten Entwurf der Landesregierung noch optimiert“, sagte Stahl. Es bleibe bei einer Nettokreditaufnahme von 5,89 Milliarden Euro.

Um die Kürzungskorrekturen gegenzufinanzieren, wird an anderer Stelle noch stärker eingespart. Beim Länderfinanzausgleich sollen 25 Millionen Euro weniger gezahlt werden. Umschichtungen gehen ferner zu Lasten anderer Etatposten: Migrantensozialarbeit (minus zwei Millionen Euro), Regionalstellen Frau und Beruf (minus 1,26 Million), Eine-Welt-Politik (minus 900.000 Euro).

Bei den FDP-Abgeordneten habe es zu dem Kompromiss „keine einzige kritische Wortmeldung gegeben“, sagte der liberale Fraktionschef Papke. Zu einer emotionalen Debatte über den Sparkurs der Landesregierung kam es dagegen in der Sitzung der CDU-Landtagsfraktion. „Es gab viel Diskussionsbedarf und einige Kröten zu schlucken“, hieß es. Besonders umstritten waren die Einsparungen beim Landesjugendplan, gegen die sich in den letzten Wochen eine breite Protestfront aus Kirchen, Sozialverbänden und CDU-Kommunalpolitikern formiert hatte. Änderungsanträge zum Jugendplan wurden jedoch abgelehnt.

CDU-Jugendpolitiker Bernhard Tenhumberg zeigte sich nach der Sitzung enttäuscht. „Ich muss jetzt über persönliche Konsequenzen nachdenken“, sagte der Abgeordnete aus dem Münsterland zur taz. Wenn sich bis zur Haushaltsabstimmung im Landtag am 18. Mai nichts mehr an dem Etatentwurf ändere, wolle er seine Arbeit im Jugendausschuss beenden. „Ich habe eine gewisse Ehre, ich könnte den Jugendlichen dann nicht mehr in die Augen schauen“, sagte Tenhumberg. Er fühle sich weiter an das Wahlversprechen gebunden, 96 Millionen Euro statt der jetzt veranschlagten 75 Millionen Euro für den Jugendplan aufzuwenden.

Die SPD-Finanzpolitikerin Gisela Walsken sprach angesichts der Umschichtungen von „Trostpflastern“, die allerdings „nichts helfen“. Im Etat 2006 blieben „die Kleinsten die größten Verlierer“.

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