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Sri Lankas Armee greift Rebellen der LTTE an

Nach dem Selbstmordanschlag auf den Armeechef Fonseka ist der Friedensprozess auf der Insel in Gefahr

DELHI taz ■ Die Streitkräfte Sri Lankas haben ihre Luftschläge und Artilleriefeuer gegen Stellungen der Tamilischen Befreiungstiger (LTTE) gestern fortgesetzt. Sie bombardierten deren Stellungen im Nordosten des Landes. Laut Militärangaben waren dem Angriffe seitens der LTTE vorausgegangen.

Bei dem Beschuss handelte es sich um die erste offizielle Militäraktion seit der Unterzeichnung eines Waffenstillstandes zwischen der Regierung und den Rebellen im Februar 2002. Die LTTE fordert einen unabhängigen Staat im Norden der Insel.

Am Tag zuvor war der sri-lankische Armeechef Sarath Fonseka bei einem Selbstmordattentat in Colombo schwer verletzt worden. Die Militärs reagierten nur Stunden später mit einer ersten Angriffswelle auf Positionen der LTTE und vertäuten Schnellboote der „See-Tiger“. Zwei Personen sollen bei einer zweiten Angriffswelle gestern ums Leben gekommen sein. Die „Tiger“ hätten auf die Angriffe mit Artilleriebeschuss von Regierungsgebäuden reagiert.

Die LTTE wies jede Beteiligung an dem Selbstmordattentat auf Fonseka zurück. Ihr Sprecher Jaya Master sagte, die LTTE stehe weiter zum Waffenstillstand. Er machte nationalistische Kreise für das Attentat verantwortlich.

Auch in der singhalesischen Öffentlichkeit fragt man sich, wie es einer Person gelingen konnte, in das Armeehauptquartier in der Hauptstadt Colombo zu gelangen, immerhin eines der bestbewachten Gebäudeanlagen im ganzen Land, die durch mehrere Sicherheitsringe geschützt ist. Die Attentäterin machte sich offenbar einen „Tag der schwangeren Frauen“ von Militärangehörigen zunutze, um durch die vermutlich weniger scharfen Sicherheitskontrollen zu gelangen. Aber es gibt auch unter den Singhalesen Parteien, die auf eine Wiederaufnahme der Kriegshandlungen drängen. Diese glauben immer noch, dass die LTTE nur militärisch bekämpft werden kann, da sie eine totalitäre Organisation sei, die sich nicht in eine demokratischen Staat einfügen lasse.

Der Frieden wird immer mehr zu einer Fiktion, doch daran hält vorläufig noch jede Seite fest. Präsident Mahinda Rajapakse rief seine Landsleute in einer Fernsehansprache auf, sich nicht provozieren zu lassen. Seine Regierung verfolge immer noch das Ziel einer friedlichen Lösung des Konflikts. Doch drohend setzte er hinzu, niemand dürfe seine Zurückhaltung als Schwäche interpretieren.

Auch die LTTE ist bisher davor zurückgeschreckt, das Ende des Waffenstillstands zu erklären. Sie forderte vielmehr von der Regierung und den norwegischen Vermittlern eine Antwort auf die Frage, ob die Bombardierungen eine Kriegserklärung darstellten. Die Vermittler sprechen von der bisher schwersten Zerreißprobe für die Waffenruhe. Sie sehen den letzten Hoffnungsschimmer in dem Umstand, dass keine Seite mit dem Stigma des Friedensbrechers behaftet werden will. In dem Konflikt zwischen der tamilischen Minderheit und der singhalesischen Mehrheit sind in den vergangenen zwanzig Jahren rund 60.000 Menschen ums Leben gekommen. BERNARD IMHASLY

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