DER LAUSCHANGRIFF: Volles Risiko
■ Prominente sagen so schöne Sätze. Die taz weiß durch ihr weltweites Spionagenetz, in welchen Situationen sie wirklich gefallen sind
Limburg. Beichtstuhl, ungewöhnlich geräumig. Erzbischof Robert Zollitsch tritt ein, setzt sich, schaut sich um. Weißer Marmor, hochglanzpoliert. Er summt leise das Lied „Meister Proper putzt so sauber, dass man sich drin spiegeln kann“.
Der Erzbischof ist etwas aufgeregt, er ist extra eingeflogen, um einem sehr, sehr wichtigen Sünder die Beichte abzunehmen. Und da setzt sich auch schon jemand in die andere Kammer des Beichtstuhls. Dessen Stimme klingt seltsam, wahrscheinlich ist er krank.
Wichtiger Sünder: „Es ist mir eine Herzensangelegenheit, Dinge klarzustellen, die aus meiner Sicht in der Öffentlichkeit völlig falsch rübergekommen sind.“
Robert Zollitsch: „Ich bin zuversichtlich – auch nach meiner Begegnung mit Papst Franziskus –, dass alle Seiten an einer guten und baldigen Lösung interessiert sind …“
Wichtiger Sünder: „Ein Leisetreter war ich nie und werde ich auch niemals sein. Mein Motto lautet früher wie heute: Volles Risiko, auch für mich. Dass sich da der oder die eine oder andere auf den sprichwörtlichen Schlips getreten fühlt, war mir schon immer klar.“
Robert Zollitsch (streng und mahnend): „Den Vorgang verfolgen wir sehr aufmerksam und mit großer Sorge.“
Wichtiger Sünder: „Es ist meine Wahrheit. Nach bestem Wissen und Gewissen. Mit allen Höhen und Tiefen, Siegen und Niederlagen. Und ich bereue nichts.“
Robert Zollitsch (schockiert, aber fest in der Stimme): „Es ist eine schwere Situation. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich weiter hier leben könnte.“
Wichtiger Sünder (forsch): „Es ist ja noch lange nicht vorbei. Ganz oder gar nicht. Ich habe mich für ganz entschieden.“
Angesichts solcher Impertinenz entringt sich dem Erzbischof ein Stöhnen.
Wichtiger Sünder (noch forscher, wütend fast): „Ich habe die Offensive gewählt. Und zur Wahrheit gehören auch Enthüllungen, Skandale, spannende Neuigkeiten und Überraschungen.“
Mit diesen Worten springt plötzlich der Mann aus dem Beichtstuhl. Zollitsch ist aufgewühlt. Und alarmiert: Überraschungen? Ist da etwa noch etwas, von dem er nichts weiß? Er rennt ebenfalls aus dem Beichtstuhl, greift nach der Schulter des Davoneilenden, reißt ihn zu sich herum. Es ist Boris Becker. ABGEHÖRT VON DANIEL SCHULZ
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