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DIE BIERDUSCHEDie Marinade des Meisters

Man duscht, um sich zu reinigen. Bei der Bierdusche ist das anders. Sie dient der Kontaminierung mit klebrigem Gebräu. Der Biergeduschte ist beschmutzt, was ausdrücklich erwünscht ist, denn derlei Duschen bekommen vorzugsweise reine Autoritäten verpasst, Trainer, Vorstandsvorsitzende oder Präsidenten, die unter der Saison sakrosankt sind. Wer etwa eine Getränkedusche nach einem Training mitten im Saisonverlauf beim Trainer Luis van Gaal gewagt hätte, der hätte in den Folgewochen wohl auch dem Bier zusprechen müssen, aber nicht aus Gründen karnevalistischer Gaudi, sondern weil er den Kummer über seine Suspendierung hätte ertränken müssen.Selbst vorm letzten Spiel der Bayern war ja nicht klar, ob sich die Kicker der Meistermannschaft dem Herrn aus den Niederlanden nähern dürfen. Doch das „Feierbiest“ gab das Signal zur Bierdusche über die Wahl der Kleiderordnung. In der Halbzeit tauschte van Gaal den Anzug mit Schlips gegen den Anzug aus Ballonseide. Er war damit zum Aufguss freigegeben. Im Überschwang des großen Erfolges ist die Majestätsbesudelung also erlaubt. Sie war in diesem Falle mehr als ein hohles Ritual, das eigentlich nur noch dazu dient, den Namen diverser Brauereien bekannter zu machen und den Fußballfan zum Genuss von Rauschgetränken anzuhalten. Für van Gaal war die Bierdusche gleichsam ein Akt der Adelung, Ausdruck höchsten Respekts. Klar, die Bierdusche ist ein Laienspiel mit kommerziellem Mehrwert und eine eklige Sauerei für den Betroffenen, doch alle anderen, die Spieler, die Zuschauer und Fans, fühlen sich gereinigt, ja fast schon beseelt beim Anblick des Biergeduschten. Denn sie haben gesehen: Der Mann auf dem Sockel, Luis van Gaal, ist einer von uns, ein normaler Mensch, der nicht unnahbar ist, sondern in seltenen Momenten wie ein Sandler müffelt.MARKUS VÖLKER

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