Stromerzeugung aus dem heißen Stein

In Brandenburg wollen Wissenschaftler eine Energiequelle tief in der Erde anzapfen. Ab heute wird gebohrt

BERLIN taz ■ 4.300 Meter tief liegt das kochend heiße Wasser von Stein umhüllt. Heute will das GeoForschungs Zentrum Potsdam (GFZ) einen Bohrer auf den Weg zu dieser Energiequelle im brandenburgischen Groß Schönebeck schicken. Wenn es klappt, könnte die Stromerzeugung aus Erdwärme in naher Zukunft wirtschaftlich und wettbewerbsfähig sein, hoffen zumindest die GFZ-Wissenschaftler.

Gemeinsam mit einer bereits vorhandenen ehemaligen Erdgasbohrung soll das geplante Bohrloch einen geschlossenen geothermalen Kreislauf ergeben. Über die erste Bohrung will man zunächst Wasserdampf mit einer Temperatur von etwa 150 [o]C aus der Tiefe fördern. Nachdem dessen Wärme in einem Kraftwerk zur Stromerzeugung genutzt wurde, soll es über die zweite Bohrung wieder in den Untergrund zurückgeleitet werden. Die geologischen Gegebenheiten machen den Standort für die Untersuchungen besonders repräsentativ. „Sollten die Versuche in Groß Schönebeck erfolgreich verlaufen, dann wäre die Technik auf weite Teile Mitteleuropas übertragbar“, sagte eine GFZ-Sprecherin gestern der taz.

Bereits im Januar hatte die GFZ in der Region umfangreiche seismische Tests durchgeführt. In etwa 25 Meter tiefen Löchern wurden kleine Sprengladungen gezündet. Über die im Untergrund erzeugten Schallwellen konnte so der Aufbau der oberen Erdkruste analysiert werden.

Zur direkten Wärmegewinnung wird Geothermie in Deutschland bereits verwendet, etwa für Wärmepumpenheizungen in privaten Haushalten. Zur Stromerzeugung wird die praktisch unbegrenzt verfügbare Energiequelle bislang vorrangig in Vulkangebieten genutzt. Vorreiter sind hier Island, Neuseeland und einige Länder Mittelamerikas.

Auch in Deutschland könnte Geothermie einen beträchtlichen Teil des Energiebedarfs decken. Die vorherrschenden geologischen Verhältnisse erfordern jedoch tiefe und teure Bohrungen. Erst durch gestiegene Energiepreise und verstärkte Forderungen nach sauberen Energiequellen gewinnt die Geothermie auch unter diesen Umständen immer mehr an Bedeutung. Deutsche Technik liegt dabei weltweit an der Spitze.

Ohne Einspeisevergütungen und Investitionshilfen käme die Geothermie-Branche finanziell jedoch nicht aus. „Die konsequente Weiterentwicklung der Technik muss auch weiterhin gezielt gefördert werden“, fordert daher Werner Bußmann von der „Geothermischen Vereinigung“.

BENJAMIN WÜNSCH