: Die Ära Saakaschwili ist jetzt endgültig Geschichte
GEORGIEN Giorgi Margwelaschwili, Wunschkandidat von Regierungschef Bidsina Iwanischwili, erreicht bei den Wahlen bereits in der ersten Runde mit 62 Prozent die absolute Mehrheit. Der ganz große Jubel der Sieger wie nach den Parlamentswahlen 2012 bleibt aus
AUS TIFLIS MARCO FIEBER
Georgien hat einen neuen Präsidenten. Bei den Wahlen am Sonntag erhielt der Kandidat der Regierungskoalition „Georgischer Traum“ (GT), Giorgi Margwelaschwili, im ersten Wahlgang mit rund 62 Prozent die absolute Mehrheit der Stimmen. Der ehemalige Außenminister David Bakradse, der für die Oppositionspartei Vereinte Nationale Bewegung (VNB) ins Rennen gegangen war, kam auf 22 Prozent.
Als dritte aussichtsreiche Anwärterin kandidierte die ehemalige Parlamentspräsidentin Nino Burdschanadse. Sie stellte sich im Wahlkampf als Alternative zu den beiden Kandidaten der im Parlament vertretenden Parteien dar, am Ende verbuchte sie etwa 10 Prozent der Stimmen für sich. Der noch amtierende Staatschef Michail Saakaschwili konnte verfassungsgemäß nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bezeichnete die Wahlen als fair und transparent.
Insgesamt waren 23 Kandidatinnen und Kandidaten zur Wahl angetreten, so viele wie noch nie seit der Unabhängigkeit des Landes 1991. Im Oktober 2012 hatte die vom Milliardär und Mäzen Bidsina Iwanischwili angeführte Parteienkoalition die VNB um Michail Saakaschwili auf die Oppositionsbänke verwiesen. Das Wahlergebnis war von den Anhängern Iwanischwilis ausgelassen in Tiflis gefeiert worden. Doch im Gegensatz zur Parlamentswahl blieb es am Sonntag auffallend ruhig in der georgischen Hauptstadt. Das geringe Interesse der Georgier zeigte sich auch an der niedrigen Wahlbeteiligung von 47 Prozent.
Trotz unterschiedlicher Parteizugehörigkeit von Regierung und Präsident sowie zahlreicher Verfahren gegen Mitglieder der VNB war auch der Wahlkampf ruhig und besonnen verlaufen. Oppositionsführer Bakradse bestätigte das in seiner Fernsehansprache am Wahlabend, nachdem er Margwelaschwili zum Wahlsieg gratuliert hatte. In Anspielung auf den in Untersuchungshaft sitzenden VNB-Parteisekretär sagte er, dass „wir selbst unter so schwierigen Bedingungen bewiesen haben, Wahlkampf frei von Hysterie, Gewalt und der Forderung nach einem Sturz der Regierung zu machen“.
Mathias Huter, Analyst und Beauftragter für Medienfreiheit bei Transparency International Georgia, bestätigt diese Einschätzung. Er vermutet zudem, dass die Wahl schlicht als „weit weniger entscheidend“ angesehen wurde. Denn noch unter der alten Saakaschwili-Regierung wurden im Jahr 2010 Verfassungsänderungen verabschiedet, die den Präsidenten mit weitaus weniger Vollmachten ausstatten als bislang. So liegt die Gesetzesinitiative nicht mehr bei ihm, der Staatschef ist auch nicht mehr für die Außen- und Innenpolitik Georgiens zuständig. Diese Kompetenzen liegen nun beim Premierminister und dem Parlament.
Am Sonntag sagte Saakaschwili in einer Ansprache, dass die Präsidentschaftswahl die „weitere demokratische Entwicklung in unserem Land und letztlich der Demokratie“ zeige. Fast zeitgleich rief Iwanischwili seinen Anhängern vor dem GT-Hauptquartier zu, dass Georgien durch den Sieg seiner Partei zu den „erfolgreichsten Nationen innerhalb der nächsten zwanzig Jahre“ gehören werde. Allerdings schränkte er sofort ein, dass sich die Georgier auch in Geduld üben müssten.
Bereits vor den Wahlen hatte Iwanischwili angekündigt, seinen Posten zu räumen. Sein Nachfolger steht noch nicht fest, er soll jedoch gleich nach dem Amtsantritt von Giorgi Margwelaschwili präsentiert werden. Auf ihn warten nicht nur die Kommunalwahlen 2014. Es wird sich auch zeigen, ob der neue Regierungschef die Mehrparteienkoalition des GT zusammenhalten kann.
Meinung + Diskussion SEITE 12
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