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Steuerplus für 2006 ist schon verplant

Steuerschätzer gehen von 8,1 Milliarden Euro Mehreinnahmen aus. Trotzdem kommt die erhöhte Mehrwertsteuer

BERLIN taz ■ Das Steueraufkommen in Deutschland könnte steigen: Bund, Länder und Kommunen dürften 2006 insgesamt 465,5 Milliarden Euro einnehmen. Das prognostizierte der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ gestern. Damit korrigierten die Experten ihre letzte Schätzung vom November um 8,1 Milliarden Euro nach oben.

Grund für den neuen Optimismus: Die Steuerschätzer übernahmen die aktuelle Wachstumsprognose der Bundesregierung, die für 2006 ein Wirtschaftsplus von 2 Prozent vorhersagt. 2007 sollen es 2,3 und 2008 bis 2010 je 2,7 Prozent sein. Entsprechend würden dann auch Gewinnsteuern wie Einkommen-, Körperschafts- und Gewerbesteuer steigen.

Allerdings betonte Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) gestern, dass diese Prognosen den „Charakter von Annahmen“ hätten, die „nicht in Stein gemeißelt“ seien. Zudem seien die Zusatzeinnahmen „nur konjunkturbedingt“. Steinbrück teilte daher die „unpopuläre Botschaft“ aus, dass es „keinerlei Spielraum“ gebe, um auf eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zu verzichten, die ab Januar von 16 auf 19 Prozent steigen soll.

Die Ergebnisse der Steuerschätzung haben Steinbrück nicht überrascht: Er hatte bereits im Februar eine interne Prognose vornehmen lassen. Konsequenz: Das Steuerplus ist fast vollständig verplant. Für den Bund bleiben nur noch 1,5 Milliarden Euro als reale Mehreinnahmen übrig. „Das ist weniger als 1 Prozent der von uns eingenommenen Steuern“, rechnete Steinbrück gestern vor.

Im Ergebnis bleibt es daher dabei, dass die Nettoneuverschuldung 2006 bei rund 38 Milliarden Euro liegen soll. Damit wird das Euro-Stabilitätskriterium erneut verletzt, dass die Nettoneuverschuldung nur bei maximal 3 Prozent des Bruttoinlandprodukts liegen darf.

2007 soll sich dieser Verstoß nicht wiederholen. Dann will Steinbrück die Neuverschuldung auf 22 Milliarden Euro drücken. Die Steuerschätzung stützt diesen Ehrgeiz, denn ihr zufolge sollen die Staatseinnahmen 2007 auf 494 Milliarden Euro steigen – rund 22,3 Milliarden mehr als bisher angenommen wurde. Der Grund für dieses rasante Prognoseplus ist allerdings wenig spektakulär: Die Schätzer berücksichtigen erstmals die geplante Erhöhung von Mehrwert- und Versicherungssteuer. Die wirklich unerwarteten Mehreinnahmen liegen für den Bund bei ganzen 500 Millionen Euro.

Insgesamt kann der Staat bis Ende 2009 damit rechnen, etwa 70,2 Milliarden Euro mehr zu kassieren. Dabei berücksichtigen die Experten noch nicht die Kabinettsbeschlüsse vom Mittwoch, die 2007 bis 2009 weitere 12,04 Milliarden Euro bringen dürften. Dazu gehören etwa die reduzierte Pendlerpauschale und das um zwei Jahre gekürzte Kindergeld. Die Steuer auf Bio-Sprit brächte zudem 5,6 Milliarden Euro. ULRIKE HERRMANN

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