: Die Beckstein-Verhinderin
Wenige Stunden nur stand Brigitte Boehme am Sonntag im Rampenlicht – aber die genügten, um der Bremer Protestantin eine dauerhafte Existenz in der Geschichte der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) zu sichern. Zwar ist es nur eine Existenz als Fußnote – aber die wird besagen, dass sie einen Poltergeist als Präses der EKD verhindert hat: Günther Beckstein, den früheren bayerischen Ministerpräsidenten.
Größer konnte der Gegensatz zwischen den beiden Kandidaten um das höchste evangelische Laienamt kaum sein. Auf der einen Seite der grantelige CSUler, der sich von jeher im Besitz jedweder Wahrheit wähnt, egal, ob politischer oder theologischer Natur. Auf der anderen Seite die ruhig und rational auftretende Bremer Richterin, die aus einer kirchenfernen Familie stammt und sich erst als Erwachsene taufen ließ. Die Sympathien auf der Synode waren eindeutig: In zwei Wahlgängen gewann Boehme gegen Beckstein, ohne aber die absolute Mehrheit zu bekommen.
Boehmes Erfolge reichten, um Beckstein zum Rückzug zu bewegen. Dann allerdings gab auch Boehme auf: Ihr wurde klar, dass sie nur deswegen als Kandidatin aus dem Hut gezaubert worden war, um Beckstein zu verhindern. Prominentere Protestantinnen hatten sich zunächst zurückgehalten: So die Ex-Bauministerin Irmgard Schwaetzer, die schließlich Präses wurde.
Es gehört zu Boehmes Naturell und evangelischem Selbstverständnis, klaglos nach getaner Arbeit abzutreten. So tat sie es am Sonntag in Düsseldorf, während Beckstein sein Beleidigtsein zur Schau stellte.
Im kleinsten EKD-Glied Bremen, hat sich Boehme einen historischen Superlativ erworben: als erste Frau, die Präsidentin des Kirchen-Ausschusses wurde – ein Amt, das sie nach zwölf Jahren diesen Sommer niederlegte. Von ihren Mitarbeitern wurde die 73-Jährige gestern mit Anerkennung und Überraschung empfangen: Sie hatten ebenso wenig wie Boehme geahnt, dass ihre „Brigitte“ in der Tagesschau auftauchen würde. HENNING BLEYL
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen