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Luxusstandort Ostdeutschland

Das Luxusauto „Panamera“ soll in Leipzig gebaut werden. Nicht Subventionen, sondern die Flexibilität und Motivation der Mitarbeiter waren entscheidend, sagt Porsche-Chef Wiedeking. Auch die meisten Teile sollen diemal aus Deutschland kommen

VON MICHAEL BARTSCH

Porsche-Vorstandsvorsitzender Wendelin Wiedeking reagierte bissig auf die Frage nach Arbeitnehmerzugeständnissen für den Standort Leipzig: „Ich rede nicht über Lohnkostenunterschiede zum Stammwerk in Stuttgart-Zuffenhausen. Das schadet nur dem Standort!“ Warum Porsche nach dem rund 61.000 Euro billigen Geländewagen Cayenne nun auch das neue Viertürer-Coupé Panamera in Leipzig bauen will, wird dennoch bald deutlich. Wichtiger als die Lohnkosten, deren Produktionskostenanteil ohnehin unter 20 Prozent liegt, sei die Motivation und Flexibilität der Mitarbeiter. Der Haustarif ist um weitere fünf Jahre verlängert worden. Das bedeutet inzwischen ein unbegrenztes flexibles Stundenkonto.

Bernd Kruppa, Sprecher der IG Metall für Berlin-Brandenburg und Sachsen, hält diese Zugeständnisse angesichts der erweiterten Fertigungstiefe in Leipzig für gerechtfertigt. „Wir unterstützen solche strukturpolitischen Weichenstellungen.“ Effektiv lägen die Löhne wegen innerbetrieblicher Anreize höher als im sächsischen IG-Metall-Durchschnitt.

Mit dem 2009 vom Leipziger Band rollenden Luxusauto Panamera will Porsche der Mercedes-S-Klasse und der 7er-Reihe von BMW Konkurrenz machen. Der Traditionskonzern befindet sich mit Renditen um 18 Prozent, rasanten Absatzsteigerungen und einer Präsenz in 105 Ländern im Höhenflug. 2002 war Porsche in Leipzig mit dem Cayenne ins Geländewagensegment eingestiegen. Neben BMW, der Post-Tochter DHL und den Versandhäusern Quelle und Amazon gehörte diese Investition zu den spektakulärsten in der Region.

Die kapitalintensive Automobilproduktion hat allerdings keine durchschlagende Besserung auf dem Arbeitsmarkt gebracht. Nach wie vor liegt die Arbeitslosenrate im Raum Leipzig bei 19 Prozent und über dem ostdeutschen Durchschnitt. 90.000 Bewerbungen für die geplanten 5.000 Arbeitsplätze bei BMW sprechen eine klare Sprache. Bei Porsche sollen in dem auf die vierfache Größe wachsenden Werksgelände 600 zusätzliche Arbeitskräfte beschäftigt werden. 120 Millionen Euro will der Automobilbauer dafür investieren. Anders als bei den anderen Großinvestitionen lehnt Porsche aber Subventionen als öffentliche „Geldverschwendung“, so Wiedeking, ab.

Beim Panamera wechselt Porsche auch die bisherige Strategie, in Leipzig das Auto praktisch nur zu polieren und mit dem Etikett „Made in Germany“ zu versehen. Die Fertigungstiefe für den Cayenne betrug unter 10 Prozent, das Auto kam fast fertig aus dem slowakischen Bratislava. Nun wird die lackierte Karosserie aus Hannover vom Partner VW bezogen, an dem Porsche mit 3,5 Milliarden Euro beteiligt ist. Zusammen mit den Motoren aus Zuffenhausen wird der Panamera überwiegend von deutschen Zulieferern und Monteuren gebaut. „Wir haben uns was vorgenommen für Deutschland“ gab sich Wiedeking ganz patriotisch.

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