LESERINNENBRIEFE :
Männliche Choreografen
■ betr.: „Elementare Gegenwärtigkeit“, taz vom 20. 11. 13
Am letzten Mittwoch schrieb Frau Buhre über die Konferenz „Tanz über Gräben“. Frau Buhre hat wohl am Freitag die fünf begleitenden Tanzstücke aus dem Programm „Sacre 100“ im HAU2 gesehen. Sie erwähnt ganz konkret drei Performer und beschreibt knapp die gezeigten Arbeiten. Irritierenderweise wurden die zwei weiteren Stücke des Abends und ihre Performer beziehungsweise Choreografen nicht erwähnt. Zum einen Melanie Lanes „Igor Hush Hush“ und zum anderen Kareth Schaffers „Opfer/the sacrifice of Kareth Schaffer“. Es zeigt sich, dass die Autorin hiermit die zwei männlichen Choreografen an diesem Abend erwähnt und gleichzeitig alle drei weiblichen Choreografinnen (inklusive Marcella Giesche, die für das erste Stück mit dem im Artikel erwähnten Performer Paul Schulz verantwortlich war) unerwähnt lässt.
Ist das nur Zufall, oder folgt die Autorin unbewusst dem weitverbreiteten Schema, wonach männliche Choreografen meistens mehr Aufmerksamkeit erhalten?
Da dies eine Plattform für junge Künstlerinnen und Künstler ist, ist es besonders traurig, so selektiv vorzugehen und dabei auch noch die Frauen komplett auszublenden. An der Qualität kann es nicht liegen, da die unerwähnten Stücke an diesem Abend, beim Publikum auf jeden Fall, sehr gute Resonanz erhielten.
JOHANNES ELBST-KIEFER, Berlin
Kein eigener Staat
■ betr.: „Demonstration für die PKK“, taz vom 18. 11. 13
In dem Artikel wird folgender Satz aus der dpa-Meldung übernommen: „Die PKK kämpft vor allem in der Türkei für einen eigenständigen kurdischen Staat.“
Dies ist schon seit Mitte der 90er Jahre nicht mehr zutreffend. PKK-Chef Murat Karayilan dazu in einem Interview mit der österreichischen Tageszeitung Die Presse vom 21. 6. 13: „Es wird Frieden, Demokratie und Sieg für die Kurden geben – aber keinen Nationalstaat. Der steht nicht auf unserer Agenda. Jeder Kurde denkt an Unabhängigkeit, Freiheit und einen Nationalstaat. Wir sagen: Ja zur Freiheit aber Nein zum Nationalstaat. Der Staat ist die Quelle der Gewalt und löst die Probleme der Menschen nicht.“ ULF PETERSEN, Köln
Selbstjustiz?
■ betr.: „Ein Tod in Neukölln“, Für die Behörden ist der Fall Jusef, der im März erstochen wurde, abgeschlossen, taz vom 16/17. 11. 13
Also, ich versuche mal zusammenzufassen: Zwei deutsche Männer (vorbestraft) flüchten nach Streit und Schlägerei vor vermutlich einem Dutzend anderen Männern in eine Wohnung, in die jene nicht versuchen einzubrechen. In der Wohnung gibt es vermutlich ein Telefon, um die Polizei (als Exekutive) zu rufen, mobile Telefone sind auch üblich, das geschieht nicht. Die Gruppe skandiert vor der Wohnung „Rauskommen!“. Dann gehen die zwei Männer mit Messern vor die Tür (Selbstjustiz?) und einer aus der größeren Gruppe stirbt durch Messerstiche. Die zwei Männer handelten juristisch in Notwehr? Das meint, wenn ich eine bedrohliche Situation ohne Notwendigkeit hervorrufe und in dieser einen potenziellen Angreifer töte, war das Notwehr.
Ich erinnere mich an eine Erzählung eines Bekannten vor Jahren, da wurde jemand überfallen, verteidigte sich und verletzte den Angreifer schwer. Schadensersatz musste damals der sich Verteidigende zahlen, denn er hätte auch sein Eigentum abgeben und so Schaden abwenden können. Klarer wird mir das immer noch nicht.
Mal weiter gesponnen: Wenn jetzt ein deutscher Mob ein Haus mit Asylsuchenden belagert und einer der Bewohner mit Messer herauskommt und jemanden ersticht, nach wie vielen Tagen wäre jener auf freiem Fuße? Bild würde wohl titeln: „Radikalislamischer Asylant ersticht redlichen Deutschen!“ Ich bin für Geld sammeln und eine Klage anstrengen, um solche Verhältnisse zu klären. HENDRIK FLÖTING, Berlin
Integration verhindert
■ betr.: „Deutsch lernen schwer gemacht“, taz.de vom 20. 11. 13
Solche Verbote zeigen eins: Man demonstriert seine Macht. Es wird immer Integration gefordert, wozu auch die deutsche Sprache erlernt werden muss. Nun bekommen Flüchtlinge das gar kostenlos, der Staat spart sich also Steuergelder, dann das Verbot der Heimleitung wegen Machtspielchen. So wird Integration verhindert, oder will man die Integration nicht, weil man sie eh abschieben will? Gast, taz.de
Kleinprovinziell
■ betr.: „Tourismus ist kein Selbstzweck“, taz.de vom 20. 11. 13
Was für ein kleinprovinzielles und ausländerfeindliches Gelaber. Berlin, diese sich stets verändernde Gigacity, wie man immer hört, ist spießig, hinterwäldlerisch und totalitär, sobald Veränderungen die tonangebenden Hipster, Expats usw. erreicht, welche Berlin gestern und vorgestern veränderten und nun ihren Spielplatz gerne bis zur Rente konservieren möchten. Kreuzberg bekommt wieder Subventionen wie zu Mauerzeiten, den Winter verbringt man mit Arbeitslosengeld auf Gomera, Prenzlauer Berg wird wieder auf Ruine hergerichtet (aber schon mit Bio-Solar-Öko-Bad bitte), die Mietpreise dürfen nie das Niveau von Wanne-Eickel erreichen, das Zentrum der Hauptstadt des reichsten Landes Europas muss für Dauerstudenten und Nichtstuer bezahlbar bleiben und jeder Besucher braucht ein Visum. Dann ist die linksalternative Welt in Ordnung, alles ist „sozial“ und man kann wieder für Sinti-Roma in Duisburg oder Afrikaner in Hellersdorf demonstrieren gehen. Danach fliegt man irgendwo in den Urlaub. Nach New York, London, Barcelona, Indien und wo man sonst etwas erleben will. Als erfahrener Weltenbummler natürlich, nicht als Touri. Wie peinlich, taz.de
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen