DIE FAMILIE MOHN HAT IHRE FIRMA WIEDER VOLL IM GRIFF: Bertelsmann ist eine Frau
Heute wird Liz Mohn wieder den Rosenball eröffnen, zum Besten der Deutschen Schlaganfallhilfe, deren Präsidentin sie ist. Genau in dieser Rolle möchte sie wahrgenommen werden: als Wohltäterin, als Mäzenin. Auf ihre Macht als Frontfrau der Bertelsmann AG wird Liz Mohn nicht so gerne angesprochen. Dabei ist sie jetzt noch mächtiger geworden: Durch den Rückkauf des Anteilsviertels vom belgischen Finanzier Albert Frère, durch die klare Absage an jegliche Börsenpläne ist der größte europäische Medienkonzern wieder ganz Familienunternehmen. Mit Liz Mohn an der Spitze.
Dass zumindest einige ihrer Vorstände lieber den Börsengang gewagt hätten, dass die Wirtschaftsanalysten nun wegen der hohen Rückkaufsumme von 4,5 Milliarden Euro den Konzern geschwächt sehen, ist richtig – aber nicht das Hauptproblem. Das lautet schlicht: Bertelsmann ist jetzt wieder Privatsache der Mohns. Kontrolle von außen ist nicht vorgesehen. Transparenz findet nur von Konzerngnaden statt. Und das bei einem Medienmulti, der mit den RTL-Sendern, den Produkten von Gruner + Jahr, der Buchverlagsholding Random House und dem Druck- und Servicebereich Avarto den deutschen Markt gleich in mehrfacher Hinsicht dominiert. Und dessen Exvorstand Thomas Middelhoff gern damit warb, dass sich jedeR Deutsche zwanzig Minuten am Tag bewusst oder unbewusst mit Bertelsmann-Produkten beschäftige.
Zudem organisiert und steuert die vom Unternehmen Bertelsmann natürlich völlig unabhängige, gleichnamige Stiftung in nahezu allen Bereichen von Gesellschaft und Politik den öffentlichen Diskurs. Stets völlig uneigennützig aus der gesellschaftlichen Verantwortung des Unternehmers heraus. Und stets mit der ganzen Finanzkraft des Medienkonzerns im Hintergrund.
Der dezente Hinweis auf die 20 Bertelsmann-Minuten, in denen man aus Gütersloh grundversorgt wird, war früher auch im Konzernbericht nachzulesen. Seit einiger Zeit fehlt er allerdings. Wird Bertelsmann am Ende selbst ob seiner enormen Macht mulmig? STEFFEN GRIMBERG
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen