:
SYLVIA PRAHL
Palim, palim – es weihnachtet! Doch es besteht überhaupt kein Grund, hektisch nach entsprechenden Lieder-, Gedicht-, Geschichten-, Bastel- oder Rezeptbüchern zu suchen. Den Job hat Mascha Schwarz bereits erledigt und alle Weihnachtsessentials in ein wohlfeiles Kompendium namens „Heißa, bald ist Weihnachtstag“ gegossen. Bei der Auswahl verlässt sich die Tulipan-Verlegerin Schwarz zumeist auf traditionelle Stücke. Dabei geht sie natürlich auf Nummer sicher, aber schließlich will an Weihnachten das Rad nicht neu erfunden werden.
Die klassische Weihnachtsliedpalette ist von „O Tannenbaum“ bis „In dulci jubilo“ komplett abgedeckt, auch herzzerreißende Regionalschlager wie „Auf dem Berge da wehet der Wind“ und „Es wird schon gleich dunkel“ fehlen nicht, alle Lieder sind mit Noten und Griffen für den Einsatz der Wandergitarre unterm Baum ausgestattet. Die Rezeptauswahl erfreut kleine und große Leckermäuler, das Bratapfelrezept klingt sehr verlockend, und schön ist, dass für die Vanillesoße nicht einfach eine Instanttüte aufgerissen wird, sondern – wie bei allen Anleitungen – in angenehm kindgerechtem Ton die Zubereitung einer „echten“ Soße erklärt wird. Auf das Lebkuchenhaus bin ich schon sehr gespannt, schließlich sind ein Kilo Honig eine Menge Holz, sozusagen. Die Gedichte sind fast alles Klassiker von Goethe, Ludwig Thoma, Ringelnatz (eine launige und weise Anleitung für das richtige Schenken), Morgenstern, Hoffmann von Fallersleben, sogar Jean Paul, und selbst Theodor Storms wundervolles „Weihnachtslied“ ist mit dabei, das sonst immer zugunsten des berühmteren „Knecht Ruprecht“ (das natürlich auch vertreten ist) hintüber fällt. Einige der Geschichten sind etwas jüngeren Datums, von Paul Maar oder James Krüss, die Weihnachtsgeschichte wird von Sybil Gräfin Schönfeldt nach- und forterzählt (fraglich nur, warum Maria Josephs „Verlobte“ ist). Mit „Sicherheitsdienst XMAS“ befördert Wieland Freund per Computer die gute alte Weihnacht sogar ins 21. Jahrhundert. Die Frage, ob es den Weihnachtsmann wirklich gibt, und wenn ja, wie er seinen Job erledigt, wird aber auch hier gestellt, und das hat sie mit vielen der versammelten Geschichten gemein. Almud Kunert hat das Buch mit charaktervollen und humorigen Illustrationen versehen, die traditionelle Bildwelten elegant in ein modernes Gewand stecken. Oder festgefahrenen Darstellungsweisen den Garaus machen: Der „Engel Halleluja“ bei „Stille Nacht“ tönt nicht aus den Kehlen ätherischer Goldlocken wie sonst, sondern wird groovy von schwarzen Gospelsängerinnen geschmettert (Tulipan Verlag, 220, Seiten, 24,95 €).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen