: Jörg Sundermeier sichtet die soziale Bewegung in der Stadt
Heute Abend spricht man in der Juristischen Fakultät der HU über die „Aufarbeitung der braunen Vergangenheit“, genauer über die „ungesühnte Nazijustiz“ und die Folgen der Sühnelosigkeit. Der Rechtshistoriker Ralf Oberndörfer und Reinhard Strecker, der 1960 erstmals eine Ausstellung zur Nazijustiz initiierte und dafür seinerzeit heftigst angefeindet wurde, sprechen über die Rechtsprechung, die sich ja teilweise bis heute in der Tradition der tiefbraunen Richter befindet und etwa Carl Schmitt noch immer für einen großen Juristen hält. Zur selben Zeit werden im Mehringhof die Agrarkooperativen und die Selbstorganisierung in Kolumbien vorgestellt, Adelso Jose Gallo Toscano, Präsident des Administrationsrates einer Agrarkooperative, erklärt das Vorgehen der Selbstorganisierer. Morgen wird wiederum in der HU, diesmal jedoch bei den SozialwissenschaftlerInnen, über den Gott Fußball diskutiert und seine Funktion bei der Volksgemeinschaftsbildung. Der Pädagoge Freerk Huisken, dessen Antinationalismus geradezu legendär ist, wird auf gewohnt gekonnte Art darlegen, wie mittels der WM alle Deutschen Brüder werden sollen und wie mithilfe der „friedlichen Spiele“ die ökonomische Konkurrenz der Nationen für ein paar Wochen vergessen gemacht werden soll unter jenen, die für sie schuften. Am Samstag dann ist Demotag, auf dem Alex lautet das Motto: „Die Krise heißt Kapitalismus!“ ArbeiterInnen, Erwerbslose, SchülerInnen und Studierende sollen nach dem Willen der VeranstalterInnen gegen die Kürzungen auf dem Sozialsektor protestieren, die nun anstehen, denn bekanntlich verhält es sich ja so: „Wir zahlen nicht für eure Krise.“ Fragt sich, ob die Herrschenden das ernst nehmen und ob die Demo groß genug wird. Jedenfalls soll es in der antikapitalistischen Demonstration noch einen antikapitalistischen Block geben. Aha.
■ Ungesühnte Nazijustiz: HU, Unter den Linden 6, Mo., 19.30 Uhr
■ Kolumbien: Mehringhof, Gneisenaustr. 2a, Mo., 19.30 Uhr
■ Gott Fußball: HU, Unter den Linden 6, Di., 18.30 Uhr
■ Die Krise heißt Kapitalismus! – Demo: Alex, Sa., 12 Uhr
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