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portraitKrawallschachtel im Multikulti-Paradies

Rita Verdonk ist Niederländerin. Sie wuchs auf in einem Land, in dem man bis vor kurzem so verliebt war in den lieben Frieden, dass Streit als Unsitte galt – und jeder, der anderer Ansicht war, einfach ignoriert wurde. Vor drei Jahren übernahm sie ein Amt, in dem Krach programmiert ist – das der Integrationsministerin. Und es ging schnell, bis das ganze Land wusste, dass diese Frau keinen Streit auslässt.

„Wir waren zu lange naiv“, konstatierte die Neu-Politikerin mit Blick in die Innenstädte, in denen häufig Türken unter Türken, Marokkaner unter Marokkanern und Weiße unter Weißen bleiben – und wo Muslime in wenigen Jahren die Mehrheit stellen werden. Verdonk verordnete die Abschiebung von fast 30.000 ewig geduldeten AsylbewerberInnen, verlangte, dass Imame auch Frauen und insbesondere ihr die Hand zu geben hätten, und ließ einen Test entwerfen, der Einwanderer mittels Telefoncomputers schon im Maghreb oder in Surinam auf ihre sprachliche wie kulturelle Eignung überprüft.

Das und eine Menge mehr setzte die konservative Politikerin – bei der man auch gern darauf verweist, dass sie Gefängnisdirektorin war – in dem spätestens seit dem Mord an dem Regisseur Theo van Gogh zutiefst verunsicherten Land durch. Weniger bekannt sind in Deutschland, wo sie in Innenminister Schäuble einen offenen Bewunderer hat, ihre missglückten Bemühungen: Ginge es nach Verdonk, würde der Integrationsgrad jedes Einwanderers mit einer Vignette dokumentiert – eine Idee, die Ex-Innenminister Hans Dijkstal an Zeiten erinnerte, als Juden mit einem Stern gebrandmarkt wurden. Auch der Plan, jeden Imam einem Korantest zu unterziehen, ließ sich im religiös geprägten Land nicht durchsetzen. Dennoch hat die Gesellschaft der 50-Jährigen nicht nur viel durchgehen lassen; viele waren ihr in der aufgeheizten Stimmung äußerst dankbar für ihr rigides Auftreten.

Doch nun könnte sie zu weit gegangen sein: Ihr – inzwischen verworfener – Plan, der populärsten Islamkritikerin, ihrer Parteikollegin Ayaan Hirsi Ali, die Staatsbürgerschaft zu entziehen, löste einen Sturm der Entrüstung aus. Und er verhinderte, was Verdonk mehr treffen dürfte: die lange als sicher geltende Übernahme des VVD-Parteivorsitzes. Gestern überstand sie zwar ein Misstrauensvotum. Doch der kleinste Koalitionspartner der Partei D 66 entzog daraufhin noch gestern Abend dem christdemokratischen Ministerpräsidenten Jan Peter Balkenende das politische Vertrauen. Damit hat Verdonk die seit dreieinhalb Jahren regierende Mitte-rechts-Koalition zum Platzen gebracht. Die oppositionellen Sozialdemokraten forderten prompt Neuwahlen. JEANNETTE GODDAR

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