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berliner szenen Good-bye, Bruno!

Keine Frage der Ehre

Frische Brombeeren, Himbeeren und Erdbeeren bietet der türkische Gemüsehändler in der Leipziger Straße an. Aber ich habe heute keinen Appetit und fahre weiter, biege später in die Invalidenstraße ein. Hier bin ich oft als Kind gewesen – im Naturkundemuseum. Interessant fand ich all die Tiere, die es nicht mehr gibt, etwa den Säbelzahntiger oder den Ur-Dingo. Bei Bergziegen und Hirschen dagegen fragte ich mich, warum die wohl hier sind, schließlich gibt es sie doch immer noch massenhaft in der Natur. Aber am liebsten stand ich vor Bobby, dem Riesengorilla, der mich an die Hollywood-Legende King Kong erinnerte. Dabei wurde ich meist ein bisschen traurig, wenn ich an die Geschichte von dem zu groß geratenen Ungetüm dachte, das nicht in die zivilisierte Welt passte. Und kalt wird mir bei dem Gedanken an Bruno als demnächst präparierte Jagdtrophäe.

Unter den Linden winken mir von überall seine Artgenossen als tierische Fanartikel entgegen. Das Wappentier als Klassiker. Auch hier auf dem Bebelplatz fügen sich die bunt bemalten Kunststofftiere statisch ins Stadtbild. Neben den siebzehn Meter hohen Lorbeeren der deutschen Literatur von Grass bis Goethe, die zur Kampagne „Deutschland – Land der Ideen“ gehören, sind sie in einem Kreis aufgestellt, als würden sie tanzen wollen. Jetzt wurde dieses Ensemble um einen etwas abseits stehenden, silbern schimmernden Bären ergänzt, der sich auf allen vieren über den Platz zu quälen scheint. Auf seinem Rumpf trägt er ein Einstein-Porträt und zitiert den großen Denker: „Peace cannot be kept by force.“ Jetzt wird mir heiß. „Ein Eis?“, fragt ein an mir vorübergehender Verkäufer. Ich sage: „Einmal Brauner Bär, bitte!“ So viel Solidarität muss sein.

KATRIN RÖSLER

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