piwik no script img

GESENKTE UNTERNEHMENSTEUERN – DER ERFOLG IST NOCH NICHT BEWIESENNotwendig und ungerecht

Die Steuersätze für Unternehmen zu senken ist notwendig. Linke, die die Reform der großen Koalition kritisieren, sollten sich an Oskar Lafontaine erinnern. Der Finanzminister der rot-grünen Koalition plante 1998 etwas Ähnliches wie sein Nachfolger Peer Steinbrück heute. Um die Abwanderung von Kapital und letztlich auch Jobs ins Ausland zu verhindern, sollten die deutschen Steuersätze für Konzerne und andere Firmen auf ein international vergleichbares Niveau sinken.

Die ökonomischen Gegebenheiten anzuerkennen und die Lage von Unternehmen zu verbessern bedeutet nicht automatisch, dass die Regierung eine ungerechte Politik verfolgt. Gleichwohl besteht eine Gerechtigkeitslücke bei dem, was Union und SPD gerade planen. Zu Recht weisen SPD-Linke darauf hin, dass rechnerisch etwa ein Drittel der ab Januar 2007 um drei Prozentpunkte erhöhten Mehrwertsteuer dafür gebraucht würde, die Einnahmeausfälle zu finanzieren, die die Reduzierung der Firmensteuern verursache.

Gerade die mäßig Betuchten bezahlen ein Geschenk an die Unternehmen. Diese Kombination hat Lafontaine 1998 vermieden – übrigens im Dissens mit dem damaligen nordrhein-westfälischen Wirtschaftsminister Peer Steinbrück, der schon damals eine Erhöhung der Mehrwertsteuer verlangte. Und die soziale Asymmetrie dürfte sich in den kommenden Monaten noch dadurch verschärfen, dass die Union manche Steuerlöcher für Konzerne offen hält, die Steinbrück verstopfen will.

Trotzdem aber wird man erst in einigen Jahren wissen, ob sich die Gerechtigkeitslücke der schwarz-roten Finanzreform schließt oder zu einer bleibenden Ungerechtigkeit auswächst. Der Maßstab besteht darin, ob das Wachstum in Deutschland zu- und die Zahl der Arbeitslosen abnimmt. Bei der vergangenen Senkung der Firmensteuern durch den rot-grünen Finanzminister Hans Eichel ab 2000 war das Gegenteil der Fall: Die Arbeitslosigkeit stieg, die Firmen steckten das Geld ein. Weil der Crash der New Economy den Aufschwung vereitelte, verpuffte möglicherweise auch die Reform. Ein Beleg für die positive soziale Wirkung von Steuersenkungen für Unternehmen steht deshalb aber noch aus. HANNES KOCH

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen