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Zusammenschluss von Sony und BMG kippelt

Der Fortbestand des Musikriesen Sony BMG ist gefährdet. Ein EU-Gericht erklärt die vor zwei Jahren erfolgte Genehmigung zur Fusion für nichtig. Die EU-Kommission habe das Vorhaben nicht genau genug untersucht

FREIBURG taz ■ Sony und BMG müssen um ihre im vergangenen Jahr vollzogene Fusion zum Musikkonzern Sony BMG zittern. Die EU-Kommission hatte den Zusammenschluss, der mehr als 2.000 Arbeitsplätze kostete, im Jahr 2004 genehmigt. Gestern hob das Europäische Gericht Erster Instanz (EuG) diese Genehmigung überraschend wieder auf. Geklagt hatte Impala, ein Verband kleiner Indie-Labels. Die Kommission muss jetzt erneut prüfen, ob die Fusion zulässig ist.

Schon seit längerem war BMG, die Musik-Tochter von Bertelsmann, auf der Suche nach einen strategischen Partner gewesen. Eine Fusion mit der englischen EMI hatte die EU-Kommission abgelehnt, weil beide zusammen auf dem europäischen Markt zu große Marktmacht hätten. Dann kam die japanische Sony ins Spiel. Anfang 2004 meldeten die beiden Musikriesen ihre Fusion in Brüssel zur Prüfung an.

Nach anfänglichem Zögern gab der damalige Wettbewerbskomissar Mario Monti im Juli 2004 überraschend grünes Licht. Seine Begründung: Der Musikmarkt mit seinen Abertausenden von CDs sei so unübersichtlich, dass auch große Plattenfirmen den Markt nicht kollektiv beherrschen können.

Sony BMG ist etwa so groß wie die französische Universal, beide haben einen Marktanteil von jeweils rund 25 Prozent. Etwas kleiner sind EMI und Warner. Zusammen kontrollieren diese vier Unternehmen mehr als 80 Prozent des CD-Markts.

Der Indie-Verband Impala, der rund 2.500 kleine Plattenfirmen vertritt, wollte die Genehmigung nicht akzeptieren und klagte beim EU-Gericht in Luxemburg. Befürchtung: Nach dem Zusammenschluss wachse die Gefahr von Preisabsprachen.

Die Klage hatte nun Erfolg. Das EuG erklärte die Fusionsgenehmigung der Kommission für nichtig. Diese habe den Markt vor der Fusion nicht genügend untersucht und die Auswirkungen nur oberflächlich geprüft. So habe die Kommission eine kollektive Marktbeherrschung der großen Plattenfirmen schon deshalb verneint, weil die Firmen keine Druckmittel hätten, um Absprachen untereinander auch durchzusetzen. Diese Argumentation ließ das Gericht nicht gelten. Es gebe durchaus Drohpotenzial, zum Beispiel indem eine zu eigenwillige Firma bei Kompilationen (Hit-Kopplungen) der Konkurrenz einfach nicht mehr berücksichtigt werde.

Die Kommission hat nun Sony BMG aufgefordert, binnen sieben Tagen einen neuen Antrag auf die Genehmigung der Fusion zu stellen. Dieser werde dann auf der Grundlage aktueller Marktdaten geprüft, sagte ein Kommissionssprecher gestern. Aus dem EuG-Urteil ergeben sich aber wohl keine unüberwindbaren Hindernisse dafür, dass die Fusion dieses Mal genehmigt wird. Die Richter rügen vor allem die schlampige Begründung der Kommission. Für diese dürfte der Richterspruch deshalb ärgerlicher sein als für das fusionierte Unternehmen Sony BMG, das erst einmal bestehen bleibt.

Für Verunsicherung hat das Urteil gestern auch bei EMI und Warner gesorgt, die ebenfalls fusionieren wollen. Die beiden Firmen setzten ihre Gespräche umgehend aus. CHRISTIAN RATH

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