DORIS AKRAPLEUCHTEN DER MENSCHHEIT: Inspirationen können abtörnend sein
Der beste Weg, Inspirationen abzutöten, ist das Internet. Warum das manchmal gar nicht so schlecht ist und ein neuer Beleg für diese These ist ausgerechnet das Internetmagazin Inspire. So heißt das erste mit viel Tamtam angekündigte englischsprachige Online-Hochglanzmagazin, das al-Qaida herausgibt. Mit Überschriften wie „Make a Bomb in the Kitchen of Your Mom“ sollen junge Dschihadisten für das Selbstmordattentat von morgen rekrutiert werden.
US-amerikanische Sicherheitsdienste hielten Inspire für derart gefährlich, dass sie es sogar Präsident Obama vorlegten. Doch die vor einem Monat online gegangene Nullnummer ist ein Flopp. So jedenfalls lautet der Befund des norwegisch-amerikanischen Islamforschers Thomas Hegghammer: Das Magazin liest niemand. Sein Indiz: Über Inspire wird in populären islamistischen Blogs oder auf großen islamistischen Webseiten nicht geredet. Ergo: Inspire ist wohl weniger inspirierend als abtörnend.
Doch Hegghammer hat für den abtörnenden Online-Dschihadismus eine interessante Erklärung: Der Markt sei übersättigt. Es gäbe so viele Chatrooms und Online-Publikationen, das die Botschaft immer schwächer und diffuser werde und die Bewegung darunter leiden würde.
Internet-Dauergequatsche führt also zur Schwächung des Dschihads? Online kills the Dschihad-Star? Schön wär’s ja, wenn den potenziell gefährdeten Jugendlichen das ewige Dschihad-Getröte einfach auf die Nerven ginge.
Die afghanischen Taliban sind allerdings weit davon entfernt, vom Dschihadismus abgetörnt zu sein. Erst am Mittwoch schlugen sie sechs Polizisten nahe Kundus die Köpfe ab und das wahrscheinlich ganz ohne eine Handreiche.
Eine wirklich inspirierende Handreiche hingegen ist nach wie vor das Standardwerk des pakistanischen Journalisten Ahmed Rashid über die „Taliban“ (C. H. Beck, München 2010, 480 Seiten, 14,95 Euro), das kommenden Dienstag in einer erweiterten Neuauflage erscheint.
■ Die Autorin ist Kulturredakteurin der taz Foto: privat
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