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„Wir tarnen uns als Shop“

KUNST Dilettantin Produktionsbüro eröffnet heute einen Nichtladen, in dem es etwas zu kaufen gibt

Dilettantin Produktionsbüro

■ 10, ist ein offenes Kollektiv, das den Grenzbereich von Kunst und Alltag erkundet. Zuletzt erschienen ist die Monografie „No ART around“ die das von 2007 bis 2010 betriebene „dreijahre Gastraumprojekt“ dokumentiert.

taz: Dilettantin Produktionsbüro, warum soll ich nicht verraten, mit wem ich spreche?

Dilettantin Produktionsbüro: Weil es exakt die Idee des Büros konterkarieren würde: Dann steht immer hier der eine und dort der andere Name, es gibt eine Zuschreibung des Projekts an eine Person – und genau das wollen wir ja vermeiden.

Und beim Projekt handelt es sich um den Betrieb eines Nichtshops, der einem Shop zum Verwechseln ähnlich ist?

Uns beschäftigt, wie man als KünstlerIn oder DesignerIn in Bremen seine Produktion jenseits institutioneller Räumlichkeiten, also eines White Cubes oder etwas ähnlichem, sichtbar machen kann. Das erforschen wir mit THISISNOTASHOP.

Aber zu kaufen gibt es da nichts?

Doch, selbstverständlich: Die Kunst- und Designprodukte, die wir hier zeigen, nachdem eine Jury sie ausgesucht hat, kann man hier kaufen. Das ist uns sogar gerade wichtig!

Damit Ihr Kunstprojekt diese stark symbolhaltige Ebene des Handels und des Tauschs mit erfasst?

Genau. Das Ökonomische, der Markt, steht absolut im Zentrum – auch weil KünstlerInnen nachgesagt wird, sich dafür zu wenig oder gar nicht zu interessieren.

Aber dann hätten Sie ja doch einfach eine Galerie aufmachen können?

Das denken wir nicht. Es gibt ja schon einladendere und weniger einladendere Räume – und wer nicht so kunstaffin ist, schreckt vor einem Galeriebesuch oft zurück. Uns ging es um einen niedrigschwelligeren Raum, der auch zufälligere, weniger zielgerichtete Begegnungen mit Kunst- und Design-Produkten ermöglicht. Deshalb tarnen wir uns ja als Shop, den die Leute vielleicht einfach aus bloßer Neugier betreten.

Wodurch sie ja bereits Kunst selbst mitgestalten – und in die Kunst eingehen, die im Betrieb des Nichtladens besteht: Bloß wo ist am Ende das Werk?

Mit einem klassischen Werkbegriff im Kopf betrachtet, kann es schwerfallen, das zu akzeptieren. Es wird zwar am Ende auch in irgendeiner Weise eine Dokumentation geben, aber die Hauptsache ist das, was sich zeigt: Darin sehen wir tatsächlich temporäre Kunst im öffentlichen Raum.

INTERVIEW: BES

THISISNOTASHOP, Vor dem Steintor 140, Eröffnung mit Musik & frischer Kunst, 19 Uhr

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