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LESERINNENBRIEFE

Frauen*fußball ist keine Friedensarena

■ betr.: „Schwule Mädchen“, taz vom 23. 1. 14

Der Artikel stellt heraus, dass Frauen* in eine Männer*welt eindringen und mit Anfeindungen rechnen müssen. Sexistische Äußerungen wie der Vorwurf, keine „echte Frau“ nach hegemonialen Vorstellungen zu sein, und der Zwang des „Heterosexualitätsbeweises“ sind typische Diskriminierungsbeispiele. Homosexualität, wird weiter erklärt, sei in der allgemeinen Wahrnehmung für Fußball spielende Frauen* die Konsequenz, denn Frauen*, die sich in die Männer*domäne Fußball wagen, können nur „Mannsweiber“ oder „Kampflesben“ sein. Hier wird offenkundig Homophobie proklamiert, nicht jedoch als solche bezeichnet. Schon in den Anfängen des weiblichen* Fußballspiels mussten Frauen* sich mit lesbenfeindlichen Vorurteilen auseinandersetzen. Für uns steht fest, dass Sexismus nicht ohne den homophoben Zusatz gesehen werden kann. Homophobie trifft Frauen* im Fußball nicht weniger stark als Männer*, jedoch funktioniert dieser Ausgrenzungsmechanismus auf unterschiedliche Art und Weise. Weiterhin können wir davon berichten, dass leider auch in Stadien, in denen Menschen zusammenkommen, um Frauen*fußball zu schauen, gesellschaftliche Ressentiments wie Rassismus bedient werden. Frauen*fußball ist keine Friedensarena oder die bessere Seite des Männer*fußballs, sondern ebenso wie dieser von den Diskriminierungsmechanismen unserer Gesellschaft betroffen. Sportliche Grüße, DISCOVER FOOTBALL/DFC Kreuzberg

Schikane beim Ehegattennachzug

■ betr.: „Hochzeit mit Hindernissen“, taz vom 29. 1. 14

Die Schikane rund um das Thema Ehegattennachzug aus einem Nicht-EU-Land nach Deutschland trägt viele Gesichter. Der im Vorfeld der Erteilung einer deutschen Aufenthaltsgenehmigung abzulegende Sprachtest in Deutsch (Niveau A1), ist „für Türken, Russen und Kosovaren“, aber auch für andere wie Iraner unzumutbar. Wenn der nachziehende Ehepartner nicht gerade in der Hauptstadt Teheran lebt, muss er zum Erlernen der Sprache und zur Ablegung der Prüfung Strecken von bis zu 1.200 Kilometer in Kauf nehmen oder vor Ort eine kostspielige Wohnung mieten. Richtig scheinheilig wird die Argumentation, die Verschärfung des Gesetzes zum Ehegattennachzug 2007 verhindere eine Zwangsehe, aber erst dann, wenn man um die an Standesämtern in Deutschland übliche Praxis weiß: bei einer Eheschließung mit einer iranischen Staatsangehörigen in Deutschland muss eine volljährige Frau vorab die Erlaubnis ihres Vaters zur Eheschließung einholen und die Einverständniserklärung in offizieller Übersetzung einreichen! Auf Nachfrage wird von deutschen Standesämtern auf Eheschließungsregelungen im Iran verwiesen, obwohl die in Deutschland vorgenommene Eheschließung dort nicht anerkannt ist. Geht man davon aus, dass das Grundgesetz eine Gleichstellung von Mann und Frau vorsieht, in Deutschland die Unterdrückung der Frau gerade in Ländern wie der Islamischen Republik Iran zu Recht angeprangert wird, fällt man sprichwörtlich vom Glauben ab. SCHOOLE MOSTAFAWY, Karlsruhe

Denken in Gegensätzen

■ betr.: „Toughe Indianer mit und ohne Penis“, taz vom 29. 1. 14

Die zentrale Aussage ist: „Die Theorie von den unterschiedlichen Geschlechtern nivelliert den Unterschied zwischen den Individuen.“ Und nicht nur das: Sie schränkt damit die Freiheit aller Individuen ein, als sie selbst wahrgenommen zu werden und alle Facetten ihrer Persönlichkeit auszuprobieren und zu entwickeln. Wir müssen weiter daran arbeiten, dass in jedem Lebensalter Kategorien wie Mann, Frau, homo, hetero, MigrantIn, EinheimischeR, SeniorIn, behindert usw. usf. obsolet werden und Menschen als sie selbst wahrgenommen werden.

Ich bin übrigens überzeugt davon, dass dazu Übungen der folgenden Sorte aus dem Schulkanon gestrichen werden sollten: Finde die Gegensätze! (groß-klein, dick-dünn, alt-jung, voll-leer usw.) Welches Bild passt nicht zu den anderen? (Kind auf dem Fahrrad zu den Fußgängern, Banane zu einer Reihe Gemüse, dick/bebrillt/migrantisch/behindert gezeichnetes Kind zu einer Reihe von als „normal“ stilisierten Kindern, wenn man die Aufgabe bitterböse zu Ende denkt. Mit solchen Übungen lernen Kinder von klein auf, in Gegensätzen und Kategorien zu denken statt in fließenden Übergängen und individueller Betrachtung. JENNY FERNÁNDEZ CAMPOS, Hamburg

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