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Loreley bleibt Weltkulturerbe

NATURSCHUTZ Das Mittelrheintal behält den für den Tourismus wichtigen Status trotz eines Brückenbaus, entscheidet die Unesco. Grüne befürchten „Sterben der Rheinfähren“ sowie Schadstoff- und Lärmbelastung

Bedanken kann sich die Landesregierung bei der russischen Unesco-Delegation

VON KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

„Der Weg für den Bau einer Mittelrheinbrücke ist frei“, freute sich der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) am Donnerstagabend. Kurz davor hatte die Unesco im fernen Brasília verkündet, dass sich die Brücke mit dem Weltkulturerbestatus der Region vereinbaren lasse. Unter anderem befindet sich dort der berühmte Loreleyfelsen.

Eine der bedeutendsten Kulturlandschaften Deutschlands, ergänzte Beck, habe jetzt wieder „eine eindeutige und moderne Entwicklungsperspektive“. Die oppositionelle CDU wollte nicht widersprechen und freute sich unter anderem über die Chancen für Tourismus und Wirtschaft. Die hatte die Brücke schon lange gefordert, die Regierung Beck das Projekt mit einem Architektenwettbewerb und Gutachten vorangetrieben.

Noch im vergangenen Jahr hatte die Unesco in einem ähnlichen Fall anders entschieden: Sie hatte bei der Beurteilung der von der Stadt Dresden geplanten neuen Brücke dem Dresdner Elbtal den Status als Weltkulturerbe aberkannt. Die Stadtoberen hatten den Bau ohne Rücksicht auf die Be- und Empfindlichkeit der Hüter der Weltkulturerbschaften mit der Brechstange vorangetrieben.

Weil der Status aber touristisch wertvoll ist, ging die rheinland-pfälzische Landesregierung weitaus behutsamer vor. Schon vor der Tagung des Komitees in der brasilianischen Kapitale ließen Beck und sein Wirtschafts- und Verkehrsminister Hendrik Hering (SPD) verlautbaren, dass man die Entscheidung des Komitees akzeptieren werde. Dafür gab es Lob von der Unesco. Zudem wurde der Standort für die Brücke zwischen St. Goar links und St. Goarshausen rechts des Rheins so gewählt, dass sie vom Loreleyfelsen aus nicht zu sehen sein wird. Auf knapp 100 Rheinkilometern zwischen Mainz und Koblenz gibt es zudem keine Brücke. Das dürfte die Entscheidung des Welterbekomitees begünstigt haben.

Bedanken kann sich die Landesregierung auch bei der russischen Delegation. Die hat offenbar für einen Passus in der Beschlussvorlage des Welterbekomitees gesorgt, wonach mit der Planung für den Bau der Brücke sofort begonnen werden könne, wie am Freitag aus dem Wirtschaftsministerium zu hören war.

Enttäuscht von der Entscheidung waren die Brückenbaugegner aus den Reihen des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) und der in Rheinland-Pfalz außerparlamentarischen Grünen. Deren Landesvorsitzende Eveline Lemke befürchtet jetzt ein „Sterben der Rheinfähren“. Zudem prophezeite sie eine Zunahme der Verkehrs- und damit der Schadstoff- und Lärmbelastung im Rheintal. Sie kündigte eine „kritische Begleitung“ des Raumordnungsverfahrens an. Das will Wirtschaftsminister Hering Mitte 2011 einleiten. Autos, Fahrräder und Fußgänger könnten die Brücke vielleicht ab 2018 nutzen.

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