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Betrunken und in Badelatschen

POLIZEI-EKLAT Das Trinkgelage einer Hundertschaft aus Sachsen-Anhalt im Golf-Hotel bleibt ohne Sanktionen. Die Beamten hatten eine Hochzeit gestört

„Der Vorfall war peinlich hoch zehn, aber weit entfernt vom Skandal“

SACHSEN-ANHALTS INNENMINISTER

Das Saufgelage von Bereitschaftspolizisten einer Hundertschaft aus Sachsen-Anhalt im Golf-Hotel Steigenberger-Treudelberg wird wohl ohne Konsequenzen bleiben. „Der Vorfall war peinlich hoch zehn, aber weit davon entfernt, als Skandal bezeichnet werden zu können“, sagte Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Hövelmann (SPD) der Mitteldeutschen Zeitung. Es stehe aber definitiv fest, dass einzelne Polizisten Alkohol getrunken hätten.

Die Hundertschaft war am 24. Juli offiziell an die Elbe geordert worden, um die Hamburger Kollegen bei der Anti-Repressions-Demo zu unterstützen. Nach dem Einsatz hatten die Gäste aus Sachsen-Anhalt zur Übernachtung in dem Hotel im Alstertal Quartier bezogen. In Party-Stimmung torkelten dann mehrere Dutzend Polizisten biertrinkend durch die Flure und störten eine Hochzeitsfeier. Wie viel Alkohol getrunken worden sei, wisse er nicht, sagt Hövelmann „Fest steht aber, dass es laut war und etliche Beamte mit für ein Vier-Sterne-Hotel unpassender Kleidung – T-Shirts, kurzen Hosen und Badelatschen – auf den Gängen unterwegs waren.“

Weshalb sich die Polizisten so betranken, ist unklar. „Das müssen sie die Beamten schon selber fragen“, sagt der Sprecher des Magdeburger Innenministeriums, Martin Krems. Er vermute, dass sie Anspannung beim Einsatz so groß gewesen sei, dass man wieder „runterkommen“ wollte. Eine Stellungnahme von Beteiligten ist nicht zu bekommen. „Das Verwaltungs-Ermittlungsverfahren läuft noch, da sagt jetzt niemand etwas“, sagt Eva Dobrick, Sprecherin der Landesbereitschaftspolizei Sachsen-Anhalt.

Es gibt auch eine andere Erklärung. So sind nach taz-Informationen auswärtige Einsatzkräfte zum Teil von weit her nach Hamburg geordert worden, um am Rande der Demonstration zur Vorbereitung auf die erwarteten Proteste bei der Innenministerkonferenz im November ein Manöver anzuhalten. So waren auch Berliner Beweissicherungs- und Festnahme-Einheiten (BFE) sowie das bayrische Unterstützungskommando (USK) in die Elbmetropole geholt worden.

Das USK-Bayern ist eine Spezialeinheit für besondere Großlagen, die nach dem Vorbild der inzwischen wegen ihrer Brutalität aufgelösten Berliner Sondereinheit EbLT (Einheit für besondere Lagen und einsatzbezogenes Training) arbeitet. Die BFEs und das USK fielen den über Tag dadurch auf, dass sie fernab der Demo Sightseeing-Touren unternahmen, vermutlich um sich Ortskenntnisse zu verschaffen. Die Hundertschaft aus Sachsen-Anhalt war indes von der Einsatzleitung am Rande der Demo „abgeparkt“ worden, was frustrierend sein kann. KAI VON APPEN

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