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Opferzahlen ohne Gewähr

Post aus Nahost (4): Ron Kehrman über die Toten von Kana – und wer den Preis für diese Politik zu zahlen hat

Dieser Anblick im Fernsehen neulich, als ein Mann ein totes Mädchen in seinen Armen trug, versetzte mich sofort zurück zum 5. März 2003 – den Tag, an dem ich meine 18-jährige Tochter Tal bei einem Attentat auf einen Bus in Haifa verloren habe.

An diesem Tag wurde mir gesagt, dass Tal eines der 17 Opfer ist. An diesem Tag musste ich mich für immer von ihr verabschieden. Wie schrecklich ist es eigentlich, dass unschuldige Menschen wegen Politik sterben müssen? In Haifa? In Kana?

Die Reporter verkünden immer neue Opferzahlen, als wäre es eine Lotterie. Die Politiker auf beiden Seiten verwenden die Zahlen, die ihnen nutzen, und auch die UNO hat ihre eigene Zählung. Niemand hält auch nur für den Bruchteil einer Sekunde inne, um nach dem Sinn all dieser Opfer zu fragen. Jeder hat seine eigenen egoistischen Interessen, jeder wird diese schreckliche Tragödie seinem eigenen Vorteil unterordnen.

Eine Seite sagt: „Wir haben euch gesagt, dass ihr abziehen sollt, und ihr hattet schon mehr als genug Zeit zu verschwinden!“, worauf der Präsident antwortet: „Nein! Wir werden jetzt nicht mehr mit euch sprechen, bis …“, bis was, lieber Präsident?

Bis noch mehr Leute gestorben sein werden? Bis auf der anderen Seite noch größere und noch stärkere Raketen gezündet werden, um andere unschuldige Menschen zu töten? Wer erinnert sich eigentlich an die Toten von letzter Woche? Werden sich die Politiker ihrer entsinnen? Der Reporter oder gar der Generalsekretär der Vereinten Nationen? Jemand, der auf seinen kleinen politischen Vorteil bedacht ist?

Die traurige Antwort, die traurige Wahrheit ist: NEIN! Denn die Politiker, denen wir die Macht zum Regieren gegeben haben, sehen nicht, dass es uns um LEBEN und LEBEN LASSEN geht. Sie wurden nicht gewählt, um über Tote zu herrschen. Die wurden von Lebenden gewählt, um die Sache der Lebenden zu vertreten.

Sicher, alle diese Politiker sind jetzt furchtbar betroffen. Sie kondolieren den Familien, aus deren Mitte ein Mensch auf dem Altar ihrer Ideologien geopfert wurde. Der Reporter wird den einen oder anderen Artikel schreiben, der den einen oder anderen Leser schmerzlich berührt. Vielleicht werden die Nachbarn etwas länger der Opfer gedenken. Aber nur die engere Familie, Brüder und Schwestern und Eltern, nur diejenigen, deren unbeschwertes Dasein sich füllt mit Trauer und Schmerz, sie allein bezahlen den wahren Preis dafür, alleine zurückzubleiben, den wahren Preis für ein Leben ohne den geliebten Menschen, und sie zahlen diesen wahren Preis bis zu ihrem letzten Atemzug.

Also: Wenn ihr „da oben“ das nächste Mal eine Entscheidung trefft, dann vergewissert euch doch bitte vorher, ob die, die euch gewählt haben, am Leben bleiben werden. Ginge das?

Ron Kehrman (Haifa) schreibt im Wechsel mit Iman Humaidan Junis (Beirut) aus dem Kriegsgebiet

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