: Flop statt Top für König HipHop
HAITI Wyclef Jean, Musikstar und Anwärter auf das höchste Staatsamt, darf doch nicht zur Präsidentschaftswahl antreten. Er galt als Favorit der Wahl, nicht aber als geeignet fürs Amt
VON TONI KEPPELER
BERLIN taz | Der haitianische HipHop-Star und Musikproduzent Wyclef Jean darf nicht Präsident werden. Er stehe nicht auf der offiziellen Liste der Kandidaten für die Präsidentschaftswahl am 28. November, sagte gestern ein Mitglied des Wahlausschusses. Die Liste soll am Wochenende veröffentlicht werden.
Jean, der seine Kandidatur vor zwei Wochen angekündigt hatte, galt als Favorit der Wahl. Wegen seiner Musik, seines Erfolgs und seines privaten Hilfswerks Yéle Haiti ist er vor allem bei der jüngeren Bevölkerung Haitis beliebt. Als Außenseiter und Quereinsteiger in die Politik haftet ihm nicht der Makel an, zur korrupten politischen Klasse zu gehören. Allerdings wanderte Jean bereits im Alter von neun Jahren mit seinen Eltern in die USA aus. Er behielt zwar die haitianische Staatsbürgerschaft; das Wahlgesetz schreibt jedoch vor, dass Kandidaten außer der Nationalität auch Eigentum in Haiti besitzen und die letzten fünf Jahre vor der Wahl im Land gelebt haben müssen.
Jean besitzt einen Fernsehsender in Haiti, seine Stiftung ein Gebäude. Er selbst aber lebte in den USA und kam nur zu Besuch nach Haiti. Allerdings glaubte er, von der Residenzpflicht befreit zu sein, weil ihn Präsident René Préval gelegentlich als Sonderbotschafter eingesetzt hatte.
Jeans Eignung für das Präsidentenamt war schon in den vergangenen Tagen infrage gestellt worden. Haiti braucht nach dem verheerenden Erdbeben vom 12. Januar einen fähigen Macher. 230.000 Menschen waren damals ums Leben gekommen, rund eine Million Haitianer lebt noch immer in schlecht versorgten improvisierten Zeltstädten. Der Wiederaufbau der Hauptstadt Port-au-Prince beginnt nur schleppend. Zugesagte internationale Hilfsgelder in Milliardenhöhe tröpfeln nur langsam ein, weil der internationale Koordinationsrat unter der Führung von US-Expräsident Bill Clinton und Premierminister Jean-Max Bellerive nicht in der Lage ist, dieses Geld schnell und effektiv einzusetzen.
Jean hat als Musikunternehmer nicht eben einen einwandfreien Ruf. Seine Produktionsfirma stand mehrmals kurz vor dem Bankrott. Dem Hilfswerk des HipHop-Stars wird undurchsichtiges Finanzgebaren vorgeworfen. Bekannt sind Zahlungen in sechsstelliger Dollarhöhe von Yéle Haiti an Jeans TV-Sender, angeblich für Produktionen und Sendezeit, tatsächlich für Werbespots für den Musiker. Beim Erdbeben erlitt das Gebäude des Fernsehkanals schwere Schäden. Der Sender zog deshalb in das Gebäude der Stiftung um, bezahlt dort aber keine Miete.
Seit dem 12. Januar hat Yéle Haiti über 10 Millionen Dollar Spenden gesammelt, aber ihre Verwendung noch nicht offengelegt. Auf einer Liste der Begünstigten tauchen Zeltstädte auf, deren Bewohner nie einen Vertreter der Stiftung gesehen haben. Auch andere Hilfswerke wissen nicht, was Yéle Haiti eigentlich tut. Jeans Stiftung beteiligt sich nicht an den Koordinationsgremien der Hilfswerke.
Jean ist seit ein paar Tagen untergetaucht. Er habe Todesdrohungen erhalten und halte sich deshalb an einem geheimen Ort auf, ließ er mitteilen. In Haiti ist das nicht ungewöhnlich.
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