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Zur Sache, Chefin!

Eine Serie als Weltvorbereitungsmaßnahme: In „Welcome Mrs. President“ (22.15 Uhr, Sat.1) spielt Geena Davis die erste Präsidentin der USA

VON SILKE BURMESTER

Die gute Nachricht: Bushs Tage sind gezählt. Die US-amerikanische Verfassung sieht eine zweite Wiederwahl nicht vor. Gleich zwei Frauen sind für seine Nachfolge im Gespräch: Condoleezza Rice und Hillary Clinton.

Die Hauptperson in „Welcome Mrs. President“ muss sich dem Hauen und Stechen einer Präsidentschaftswahl nicht aussetzen. Sie wird als Parteilose vom Präsidentschaftskandidaten Teddy Bridges ins Team geholt, um als potenzielle Vizepräsidentin weibliche Wähler und Liberale zu binden. Als der Weltbeherrscher unerwartet stirbt, wird Mackenzie Allen (Geena Davis) Präsidentin der vereinigten Staaten. Die erste Frau in diesem Amt.

19 Folgen lang können wir nun Allen bei ihren Bemühungen begleiten, ihr freiheitlich-tolerantes Menschenbild umzusetzen, die Welt und ihre Ehe zu retten und ihre drei Kinder vor der Entmutterung zu schützen. Nebenbei dürfen wir zusehen, wie sie in die Intrigenfalle tappt oder dank weiblichen Scharfsinns ihren Kontrahenten auflaufen lässt.

Die erste Folge weist den Weg: Der Präsident ist nach einem Schlaganfall geistig umnachtet, und wie alle um Mackenzie Allen herum, so bittet auch er in einem lichten Moment die Vizepräsidentin, auf die Nachfolge zu verzichten. Statt ihrer will man den mit allen politischen Dreckwassern gewaschenen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses Nathan Templeton als erste Kraft im Staate sehen. Es ist Templeton (Donald Sutherland) selbst, der mit seiner zynischen und menschenverachtenden Art – „Es ist keine Zeit für soziale Experimente“ –, die noch schwankende Allen dazu bringt, das Amt zu übernehmen. Sein genüsslicher Gesichtsausdruck beim Ausfall des Telepromters bei Allens Antrittsrede gibt einen Vorgeschmack auf das, was ihr Widersacher an Kriegslist aufzuwarten bereit ist.

Erinnerungen an J. R. Ewing werden wach und mit ihnen die Hoffnung auf ein Fernsehprogramm, das – anders als „Dallas“ – durch intelligente, anspruchsvoll-spannungsreiche Geschichten das Zuschauen zum Vergnügen macht. Ob das klappt, ist fraglich. Zwar galt „Commander in Chief“, wie die Serie im Original heißt, im Herbst 2005 als erfolgreichster Serien-Start der USA, sie wurde aber bereits nach der ersten Staffel abgesetzt. Angeblich stimmte die Quote nicht, die Republikaner hatten zuvor die Serie als einen Werbefeldzug für Hillary Clinton gegeißelt.

An den Hauptdarstellern kann es nicht gelegen haben. Geena Davies spielt die Präsidentin mit Wärme und Witz, Donald Sutherland den Grandseigneur der Intrige mit dem männlichen Selbstverständnis einer einzig denkbaren, der patriarchalen Ordnung. Davis wurde für ihre Darstellung mit dem Goldenen Globe ausgezeichnet, Sutherland als bester Nebendarsteller für den Globe nominiert.

Es wird zwar stark jene theatralische, staatstragende Musik eingesetzt, die vor allem im Kino immer dann zum Zuge kommt, wenn es gilt, die so genannten amerikanischen Werte oder am besten gleich die ganze Menschheit zu retten. Andererseits rennen überraschend wenig Leute aufgeregt um die Politikerin herum, um Ratschläge zu erteilen, Sprechtraining zu geben oder am Haar zu zupfen. Schüttet ihr die Tochter auf dem Weg zur Antrittsrede Saft auf die Bluse, hat niemand ein Ersatzstück bereit.

Das ist unrealistisch und spiegelt nicht die Alltagssituation von Frauen, die im realen Leben Außenministerin der USA sind oder Gouverneurin von New York und keinen Millimeter ihres öffentlichen Auftritts dem Zufall überlassen. Aber die Welt wäre eine bessere, wenn die USA – und damit die ganze Welt – von einer Frau wie Allen regiert würde: Es wäre eine Selbstverständlichkeit, eine in Nigeria wegen Ehebruchs zur Steinigung verurteilte Afrikanerin zu retten. Auch wenn die neue Chefin dadurch eine Staatskrise riskiert. Dass die Welt eine bessere wäre, wenn diese Frau von dem Kaliber Rice-Clinton wäre, suggeriert „Welcome Mrs. President“ nicht.

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