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Gegen den Bürokratie-Jammer

Bundesregierung legt „Handbuch“ zur Messung von Bürokratiekosten für Unternehmen vor. „Gefühlte Last“ des Behördenkrams soll „objektiviert“ werden

Wenn Statistiker Bürokratie abbauen wollen, ist Vorsicht geboten. Ob das gestern von CDU-Staatsministerin Hildegard Müller vorgestellte „Methodenhandbuch der Bundesregierung“ zur Messung der Bürokratiekosten für die Wirtschaft am Ende zu Verbesserungen führt, wird sich erst noch zeigen. Ab Anfang 2007 sollen die Kosten, die Bürokratie für Unternehmen verursacht, vom Statistischen Bundesamt erstmals genau ermittelt werden. Danach soll über konkrete Sparmaßnahmen nachgedacht werden.

Das sogenannte „Standardkosten-Modell“ wurde vom Statistischen Bundesamt entwickelt. Es schätzt etwa den zeitlichen Aufwand und dafür erforderlichen Stundenlohn, der für Betriebe fällig wird, um ihren „Informationspflichten“ gegenüber Behörden und Institutionen zu genügen. So kostet laut Handbuch beispielsweise die Beantragung von Weiterbildungsmaßnahmen eine Baufirma einen Zeitaufwand von 67 Minuten – das macht umgerechnet 36,85 Euro. Die von der Wirtschaft oft beklagte „gefühlte Bürokratielast“ solle mit der neuen Methode „objektiviert“ werden, erklärte der Präsident des Statistischen Bundesamtes, Johann Hahlen.

Die Methode wird in den Niederlanden bereits angewandt, sagte Hahlen. Dort haben Statistiker errechnet, dass die Belastungen der Unternehmen, die auf gesetzlich festgelegten Informations- und Berichtspflichten beruhen, rund 16 Milliarden Euro im Jahr betragen. Davon soll die niederländische Wirtschaft rund ein Viertel einsparen. Übertragen auf Deutschland bedeutete dies, dass die Firmen hierzulande 20 Milliarden Euro weniger an Bürokratiekosten hätten.

Das Handbuch sei Teil einer Gesamtstrategie zum Bürokratieabbau, erklärte Müller. Dazu gehöre auch das bereits vom Bundestag verabschiedete Mittelstands-Entlastungsgesetz. In dem Gesetz mit 16 Einzelmaßnahmen wird beispielsweise der Datenschutz für kleine Firmen gelockert und die steuerliche Buchführungspflichtgrenze angehoben. Zudem ist seit heute das Gesetz zur Einrichtung eines Normenkontrollrates in Kraft. Dieser soll auch die Bürokratiekosten künftiger Gesetze prüfen soll. Die FDP kritisierte gestern, die Pläne der Regierung führten nur zu einer Aufblähung der Verwaltung und zu mehr Bürokratie. BARBARA DRIBBUSCH

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