piwik no script img

WDR rückt Publikum auf die Pelle

Der Rundfunkrat will die Regionalisierung vorantreiben: In Duisburg und Bonn sollen neue Studios entstehen

Neun Regionalstudios sind dem WDR nicht genug. Nach einem halben Jahr Planung wurde am vergangenen Mittwoch im Rundfunkrat beschlossen, bis Anfang 2007 zwei neue Regionalstudios in Duisburg und Bonn zu gründen. Paderborn soll ein Korrespondentenbüro erhalten. Damit baut der WDR seine regionale Präsenz und Publikumsbindung weiter aus. Der Medienexperte Christian Zabel vom Institut für Medien- und Kommunikationspolitik in Köln hält das für eine richtige Entscheidung: „Für einen öffentlich-rechtlichen Sender ist das konsequent.“

Das Studio in Duisburg soll in Zukunft die Regionen Niederrhein und die Kreise Kleve und Wesel abdecken. Aus Bonn soll schwerpunktmäßig für den Rhein-Sieg-Kreis berichtet werden. Ab dem ersten Februar 2007 sollen an den neuen Standorten täglich halbstündige Sendungen produziert werden. In den Studios und dem Paderborner Büro werden laut WDR 30 neue MitarbeiterInnen beschäftigt. Die Hälfte davon möchte der Sender mit Angestellten aus den Studios in Dortmund, Düsseldorf und Köln füllen. Dafür fielen die lokalen Sendefenster „WDR Punkt“ weg, die in Dortmund und Köln produziert werden, so ein Unternehmens-Sprecher.

„Der WDR kommt mit diesem Konzept den Wünschen des Publikums nach“, sagt WDR-Intendant Fritz Pleitgen. Zusätzlich sollen Online-Angebote der neuen Studios vor allem das jüngere Publikum stärker ansprechen. „Die niederrheinische Perspektive kam einfach zu kurz“, begründet der grüne NRW-Landtagsabgeordnete Oliver Keymis, der selbst im Rundfunkrat sitzt, die Entscheidung. Die Regionen Bonn und Duisburg seien unendlich vielfältig, erklärt WDR-Sprecher Rüdiger Oppers: „Es gab mehr Themen als Sendezeit.“ Meilenweite Unterschiede gebe es etwa zwischen den Regionen Köln und Bonn, weshalb für die Bundesstadt ein spezielles Sendefenster Sinn mache.

Lokale Sendefenster sind aber auch beliebt bei den Menschen in den entsprechenden Regionen. Die Einschaltquoten für die Sendungen „Lokalzeit“ lagen 2005 nach WDR-Angaben bei 19,6 Prozent, womit sie über eine Million ZuschauerInnen hatten. Das bestätigt auch die Siegener Studioleiterin Beate Schmies. „Den Menschen ist es wichtig, dass das Fernsehen zu ihnen kommt“, erklärt sie den Stellenwert der Heimatverbundenheit für das Publikum. Außerdem bekämen die Sender so eher die Probleme der Menschen mit, so die Studioleiterin.

Medienexperte Zabel sieht die Regionalisierung vor allem als Alleinstellungsmerkmal der öffentlich-rechtlichen Sender: „Das Zugehörigkeitsgefühl ist bei den Lokalsendern entscheidend.“ Nur die gebührenfinanzierten Sender könnten sich viele Studios vor Ort leisten. „Bei den Regionalsendern ist aber noch mehr möglich“, sagt Zabel. Viele Mitarbeiter würden relativ wenige Berichte produzieren. Zabel erwartet daher, dass die öffentlich-rechtlichen Sender in Zukunft mehr Sendeflächen anbieten, etwa Regionalportale im Internet. „Schon wegen der privaten Konkurrenz führt langfristig kein Weg daran vorbei“, so Zabel. MORITZ SCHRÖDER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen