Madonna-Boykott: Das alte Lied
Popstar Madonna hängt auf der Bühne am Kreuz und von kirchlicher Seite kommt der Aufschrei: Der alte Mechanismus funktioniert, immer noch, immer wieder. Das erstaunt. Und es stimmt traurig: Einerseits, weil Madonna als Künstlerin nichts mehr einfällt. Andererseits, weil Bischöfin Margot Käßmann nichts besseres zu tun hat, als den Nicht-Einfall durch Beachtung zu adeln.
Kommentarvon Klaus Irler
Gerne würde man sich stark machen für die Freiheit der Kunst, für ihr Privileg, zu provozieren und Grenzen zu testen. Madonnas Inszenierung als Jesus mit Dornenkrone aber ist mehr als abgeschmackt – welche Phantasielosigkeit, sich mit dem Ziel der Provokation auf das Feld der Religion zu begeben. Dass Käßmann hier reflexhaft reagiert ist erstaunlich – nahe liegend wäre, selbst das zu tun, was sie anderen rät, nämlich: Madonna zu ignorieren.
Statt dessen bietet Käßmann Madonnas Inszenierung eine Bühne jenseits der Konzerthallen. Man fragt sich, was Margot Käßmann dazu bringt, der Madonna-PR so freigiebig in die Hände zu spielen. Die absurde Pointe der Wortmeldung: Das Konzert in Hannover ist längst ausverkauft.
Man würde sich wünschen, dass Käßmann andere Möglichkeiten finden würden, die Kirche und den Glauben zu profilieren. Und Madonna würde man eine künstlerische Potenz jenseits der Posse wünschen – oder schlicht den Ruhestand.
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