: Flughafen in Bedrängnis
Airport-GmbH: Einnahmen zehn Prozent unter Ausgaben – der Bremer Flughafen scheint gezwungen, auch Billigflieger anzulocken. Fluglärm-Gegner sehen wirtschaftlichen Nachteil für Bremen
von Klaus Wolschner
„Das ist doch weder für den Flughafen noch für die Stadt gut“, schimpft Monika Morschel, Initiative der Fluglärm-Geschädigten. Sie meint den Versuch, den Billigflieger Ryanair mit eigenem Terminal nach Bremen zu locken. Morschel wohnt in Habenhausen in der Einflugschneise – jedes Mal, wenn das Nachtflugverbot mit einer „Ausnahmegenehmigung“ ausgehebelt wird, schreckt sie aus dem Schlaf hoch. Und Ausnahmegenehmigungen gibt es jede Nacht. Manche Fluglinien, wie derzeit die Maschinen der OLT aus London, kommen in mehr als der Hälfte der Fälle zu spät.
Eine „Riesenchance für diese Stadt“, findet dagegen der Flughafen-Fan Stephan von Dellingshausen, der einen Verein der „Freunde des Flughafens“ betrieb, die Verhandlungen mit Ryanair – 15 neue Verbindungen sollen gebunden werden, darunter Linien nach Stockholm, Pisa, Mailand oder nach Dublin. Natürlich, so von Dellingshausen, dürften bestehende Verbindungen nicht in Bedrängnis gebracht werden. Im Mai hatte der Bremer Flughafen eine europaweite Ausschreibung gestartet und darin das Angebot unterbreitet, in der bisherigen Werkshalle ein eigenes Terminal einzurichten. Damit ist Flughafen-Chef Manfred Ernst seiner Zusicherung treu geblieben, Billigflieger nicht mit Rabatten auf die Landegebühr zu locken. Dies ist nach der jüngsten Rechtsprechung auch untersagt: Ryanair muss alle Preisvorteile, die man in Lübeck eingeräumt bekommnen hat, offen legen.
Das Angebot des Bremer Flughafens, auf das Abfertigungspersonal des Flughafens verzichten und mit eigenen Kräften arbeiten zu können, passt deswegen genau auf die prekäre Lage nach dem Gerichtsurteil. Vielleicht würde Ryanair auch den Status eines Home-Carriers bekommen, sprich: Die Maschinen in Bremen warten. Das würde die Ausnahmen vom Nachtflugverbot erleichtern.
Für den Flughafen jedenfalls sind zusätzliche Flüge und damit eine Erhöhung des Fluggastaufkommens dringend. Von der mit dem Ausbau des Flughafens anvisierten Zahl von über drei Millionen Passagieren ist der Bremer Flughafen weit entfernt. Allein im ersten Quartal 2006 hat die Flughafen GmbH eine Millionen Euro Verlust gemacht, das sind mehr als zehn Prozent des „Ergebnisses der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit“.
Für Kritiker wie Morschel ist das Geschäft mit Ryanair aber ein „Nullsummenspiel“. Steuern zahle die irische Firma in Bremen nicht, und in Lübeck komme sie mit einer Verwaltungskraft aus – mit Arbeitsplätzen könne man nicht argumentieren. Für Projekte des Flughafens, die wirtschaftlich etwas bringen für Bremen, habe man immer Verständnis, so Morschel. Aber Ziel der Billigflieger sei es, die normalen Linien zu verdrängen.
Verärgert ist sie auch über die Heimlichtuerei: Als im vergangenen Jahr die Fluglärm-Gegner entdeckten, dass in den Plänen der „Arbeitsgemeinschaft Deutscher Flughäfen“ (ADF) der Plan für ein neues Terminal in Bremen aufgelistet war, da habe man in Bremen noch heftig dementiert. Offensichtlich sei das Lockangebot an Billigflieger von langer Hand geplant, während die Bremer Bevölkerung mit der Aussage des Flughafen-Direktors abgespeist werde, für Billigflieger gebe es keine Sonderkonditionen in Bremen.
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