in der taz vor 17 Jahren: Margot P., Fischausnehmerin
(Aus dem Bericht: „Ne, mein Leben war nich schön!“)
Die Eltern waren verschollen. Bis zum fünften Lebensjahr war ich im Kinderheim in Brandenburg, dann zu Pflegeeltern. Eines Tages haben sie mich abgeholt, nur mich. Ich gehör da nich hin, haben sie gesagt, und haben mich ins KZ gebracht und nach Sachsenhausen. Ich weiß nicht warum. Was meine Eltern gewesen sind, weiß ich auch nicht.
Ich weiß auch nicht, wie das gekommen ist mit meiner Hüfte. Da war ich wohl drei, vier Jahre alt und bin gefallen. Das Becken war gebrochen. Ich weiß nur, ich war ganz in Gips, lange im Krankenhaus. Dann war alles schief verheilt, die ganze Hüfte, das Rückgrat krumm.
Im Lager haben sie das nicht berücksichtigt, daß ich verkrüppelt bin, Nazi berücksichtigen gar nichts. Ich hab genau so viel gearbeitet wie alle, und genau so haben sie mir in die Fresse gehaun, wie allen auch.
Tätowiert haben sie nur die, die abgeholt worden sind zum Vergasen. Dauernd haben sie welche abgeholt. Warum mich nicht, ich weiß es nicht. Andere waren gesund und sind geholt worden. Ich muß immer dran denken. Und die armen Frauen, die schwanger waren, denen haben sie Seifenlauge in den Leib gespritzt, daß die Kinder tot gehen. Auf dem Klo haben sie das gemacht. Die Aufseherinnen – wir sagten Aufwärterinnen – hatten ein Metallgefäß mit Gummischlauch, damit wurde der Einlauf gemacht, mit heißer Lauge. Geschrien haben die Frauen vor Schmerzen. Auch bei Hochschwangeren haben sies gemacht, das war denen ganz egal. Dann hat man die Frauen liegenlassen, tagelang ham die sich gequält. Viele sind daran gestorben.Gabriele Goettle, taz vom28. 8. 1989. Vgl. auch heute S. 15/16
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