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„Strikt und rigide“

PODIUM Diskussion über die Diskriminierung von Trans*-Menschen in der Arbeitswelt

Jonas Hamm

■ 28, Trans*-Aktivist und Vorsitzender von „Trans Recht e.V. (i.Gr.)“ und Mitbegründer des offenen Trans*Café-Abends im Rat und Tat Zentrum.

taz: Jonas Hamm, was unterscheidet die Diskriminierung von Transsexuellen von anderen Diskriminierungen?

Jonas Hamm: Sie sagen ‚Transsexuelle‘ – die Identitäts-Kategorie gibt es, aber ich würde eher von Trans*-Personen sprechen, mit Sternchen geschrieben.

Aus welchem Grund?

Weil es das größere Label ist. Das Sternchen ist dabei Platzhalter für alle, die sich mit dem ihnen bei Geburt zugewiesenen Geschlecht nicht oder nicht ganz identifizieren können. Das umfasst sowohl Menschen, die von einem zum anderen Geschlecht wechseln als auch Menschen, die etwa auf die Frage, ob sie ein Mann oder eine Frau sind, mit ‚Nein‘ antworten.

Wie würden Sie antworten?

Gar nicht. Ich würde dezent die Antwort verweigern.

Wie, neben solchen Fragen, macht sich die Diskriminierung im Alltag bemerkbar?

Das Besondere ist, dass sich meistens nicht verbergen lässt, dass man trans* ist. Anders als bei Homosexualität kann man nicht 20 Jahre in einem Betrieb arbeiten, ohne davon zu erzählen. Einen Geschlechtsrollenwechsel bekommt das ganze soziale Umfeld und das Arbeitsumfeld mit. Trans*-Menschen leiden zudem in Deutschland stark unter rechtlichen und strukturellen Diskriminierungen.

Inwiefern?

Es gibt das Transexuellen-Gesetz, das sehr strikte und rigide Wege vorsieht festzustellen, ob jemand trans* ist oder nicht und sein rechtliches Geschlecht ändern darf. Es ist in seiner jetzigen Form nicht Menschenrechts-konform. Bis vor zwei Jahren schrieb das Gesetz sogar noch vor, dass Trans*-Menschen sich sterilisieren lassen müssen.

Hat sich die Akzeptanz für Trans*-Geschlechtlichkeit in den letzten Jahren verbessert?

Ja. Es gibt mittlerweile eine breite Menschenrechts-Bewegung zu trans* – und Allianzen: Der EU-Kommissar für Menschenrechte oder Amnesty International haben sich mit trans* beschäftigt. Es hat sich eine internationale Trans*-Bewegung gebildet und der Diskriminierungsschutz hat sich verbessert.

Wo muss sich noch etwas ändern?

An vielen Stellen: Immer noch werden Trans*-Menschen pathologisiert und entmündigt. Dagegen kämpfen Trans*-Menschen, um die Entscheidung über ihre eigene Identität selbst treffen zu können.  Interview:jpb

19 Uhr, DGB-Haus

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