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Überforderte Eltern

Ämter schützen mehr Kinder und Jugendliche vor Eltern. Kinderzentrum sieht auch mehr Offenheit zur Beratung

BERLIN taz ■ Die Jugendämter in Deutschland nehmen immer mehr Kinder und Jugendliche in Obhut, weil ihre Eltern überfordert sind. Wie das Statistische Bundesamt gestern mitteilte, wurden im vergangen Jahr rund 10.400 Kinder und Jugendliche für einige Stunden oder Tage zu ihrem Schutz in eine geeignete Einrichtung gebracht. Das sind neun Prozent mehr als 2004.

Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 25.400 Kinder und Jugendliche vorübergehend in den Schutz des Jugendamtes genommen. Neben Überforderung der Eltern (41 Prozent) waren die häufigsten Gründe Vernachlässigung, Anzeichen für Misshandlung oder für sexuellen Missbrauch (23 Prozent). Fast ein Drittel aller Kinder und Jugendlichen wurden auf eigenen Wunsch in Obhut genommen.

Das Kinderschutzzentrum in Berlin berät Eltern und Kinder. Das Zentrum berichtet, dass sich in etwa zwei Dritteln der dort behandelten Fälle die Eltern selbst an die Hilfsstelle wenden. Der Kinder- und Jugendpsychotherapeut Peter Ellesat, seit 15 Jahren im Kinderschutzzentrum tätig, sieht darin ein neues Bewusstsein im Umgang mit Familienproblemen. „Die Probleme, mit denen die Eltern zu uns kommen, hat es schon immer gegeben“, sagte er der taz. „Früher ist man damit aber ganz anders umgegangen.“ Heute wüssten die Eltern, dass es viele Familien gibt, die ähnliche Probleme haben. So sinkt die Scham, sich die Probleme einzugestehen und dann professionelle Hilfe zu suchen.

Die Eltern, die sich selbst an Beratungsstellen oder Jugendämter wenden, haben nach den Worten Ellesats häufig Probleme mit Jugendlichen, die sie nicht ernst nehmen, oder mit Kleinkindern, die sich in der Kita nicht benehmen wollen. Auch im Trennungsfall suchen Eltern oft Hilfe. SOPHIE HAARHAUS

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