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„Eine normale Vagina“

Diskussion Die Linke hinterfragt Rollenbilder und Selbstbestimmung als feministische Probleme

Antje Schrupp

■ 49, ist Politologin und Journalistin und bloggt unter anderem über Feminismus und Glauben.

taz: Ist mein Körper und seine Behaarung privat oder politisch, Frau Schrupp?

Antje Schrupp: Sowohl als auch. Auf jeden Fall ist er von gesellschaftlicher Bedeutung, weil mein Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit immer ein Statement ist. Ich zeige zum Beispiel, was ich mir unter Frausein vorstelle und präge somit das Frauenbild.

Wie kann man verhindern, dass Männer beim Schönheitswahn gleichziehen?

Die Diskussion wird oft auf künstlich versus natürlich reduziert. Das ist eine falsche Gegenüberstellung, weil es keine natürliche Art gibt, sich darzustellen. Das Problem ist nicht der Wunsch, sich selbst zu inszenieren, sondern der Konformismus. Viele junge Frauen glauben, sie müssten sich auf eine bestimmte Weise inszenieren. Feminismus ist die Theorie und Praxis, die Frauen ermutigt, nicht konformistisch zu sein.

Was bedeutet Cyborg in diesem Zusammenhang?

Dabei geht es um technische Körpermodifikationen. Wenn diese Eingriffe Normen überschreiten, haben sie auch befreiende Aspekte. Wenn aber eine Norm erfüllt werden soll, frage ich immer: Warum wollt ihr eine „normale“ Vagina?

Unterscheiden Sie also zwischen gesellschaftlich „guter“ und „schlechter“ Intim-Performance?

Ja, aber nicht gut oder schlecht im moralischen Sinne. Es geht mir nicht um eine Beurteilung, sondern darum, Freiräume bewusst zu sehen und aktiv mit dem Thema umzugehen, anstatt Stereotypen hinterherzujagen. In der Praxis ist das natürlich immer eine Mischung aus konformistisch und selbstbestimmt.

Sind Dauerwelle und Intimrasur Teile eines Konflikts zwischen den Feminismus-Generationen?

Ja, wobei die Altfeministinnen oft klischeehaft beurteilt werden. Sie haben sich selbst mit lila Latzhosen ja auch inszeniert. Die Jungen haben weniger Skepsis gegenüber technischen Eingriffen, was ich ambivalent sehe. Das Wechselspiel zwischen Mensch und Technik sollte bewusst betrieben werden, wobei diese weder pauschal abzulehnen noch ein Allheilmittel ist.

INTERVIEW: KORNELIUS FRIZ

„Von der Dauerwelle zur

Intimrasur“: Sonntag, 16 Uhr, Kulturzentrum Paradox

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