LESERINNENBRIEFE :
Attraktiver Müll?
■ betr.: „Verpisst euch, ihr Spießer!“, taz vom 1. 3. 14
So viel Ingnoranz und Arroganz mit abstruser Argumentation habe ich lange nicht mehr zu lesen bekommen. Macht Müll und Hundescheiße eine Stadt wirklich attraktiver oder gar lebenswerter? Kann Sebastian Heiser sich vorstellen, dass es Menschen gibt, die Grünflächen wie die im Görlitzer Park nutzen wollen – Kinder dort spielen oder Familien picknicken möchten?
Zu diesen Nutzern gehören sicher nicht die vermeintlichen „Spießer“ aus Dahlem, sondern die Bewohner aus dem Kiez, die auf diese Flächen vielleicht angewiesen sind, weil ihnen das Geld für tolle Ausflüge fehlt. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es sich zwischen Müll und Hundescheiße gut spielen oder picknicken lässt, und die Freizeitgestaltung der Menschen im Görli berreichert wird.
Und wie viel Müll ist denn bei Sebastian Heiser angesagt, damit die Stadt attaktiv bleibt? Flächen zumüllen und zuscheißen lassen, bis sie komplett bedeckt und unbegehbar sind? Oder ist es dann doch okay, wenn ab und an mal etwas weggeräumt wird? Ist es dann auch akzeptabel, wenn die Menschen aus dem Niedriglohnsektor den Müll und die Hundescheiße entfernen müssen, die Menschen im „Kampf gegen das Spießertum“ hinterlasssen? Die ganz große Mehrzahl macht dies ja sicher eher aus Bequemlichkeit und Ignoranz. Wäre Sebastian Heiser auch angetan, wenn sich Besucher in seiner Wohnung mit kaputten Flaschen, Kippen und Hunderscheiße verewigten? Vermutlich eher nicht. Aber im öffentlichen Raum ist es ein „Glück“ für die Stadt? Diese Form des Kampfes gegen die Gentrifizierung geht ja wohl erst einmal voll auf die Kosten der Kiezbewohner.
Ich denke, die Stadt kommt gut ohne „Verwahrlosung“ aus, und den eigenen Dreck wegzuräumen heißt noch lange nicht, alles auf Hochglanz zu bringen. Berlin ist auch ohne Müll und Hundescheiße nicht die „Großversion von Dingolfing“. CAROLA HESSE-ANDRES, Berlin
Rücktritt Wowereits
■ betr.: „Längst kein Radikaler mehr“, taz vom 28. 2. 2014
Der neue Kulturstaatssekretär Tim Renner ist sicherlich ein guter Mann, doch weiß er auch, auf was er sich da eingelassen hat? Dem Berliner Senat bleibt nicht mehr viel Zeit, denn diese Legislaturperiode wird er bestimmt nicht überstehen, weil das Volksbegehren „Rücktritt Wowereit“ in absehbarer Zeit für Neuwahlen sorgen wird. Da bin ich mir ganz sicher, denn die Berliner sind helle! Hoffentlich! THOMAS HENSCHKE, Berlin
Schlechte Statistik
■ betr.: „Politisch motivierte Gewalt nimmt zu“, taz vom 25. 2. 14
Claudius Prösser hätte nachfragen sollen, welchen Zeitraum die angeführte Statistik umfasst. Die Veränderungen aller angegebenen Zahlen kann sich auf ein, zwei, dreiundzwanzig Jahre berziehen. So gesehen ist der Artikel ja für die kaz! Nehmen wir an, es geht um den Vergleich zum Jahre 2012, dann bringt das Zahlenwerk aber auch nicht viel Aussagekräftiges; die Prozentangaben sind nicht hilfreich, wenn es beispielsweise um den Absolutwert „77 Fälle von Körperverletzung“ geht. Hier von einer Steigerung um 43 Prozent zu reden, ist wohl für lediglich 12 Monate unsinnig; eine Tendenz kann man damit schwerlich erstellen. Desgleichen „Rohheitsdelikte (63.138 Fälle): Ein „Sinken um 1 Prozent“ ist für nur ein Jahr kein anwendbares Statistikum! Ein Vorausblick in die Zukunft kann damit nicht getroffen werden. HENRYK TIETZ, Görlitz
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