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ORTSTERMINAuch Prinz Charles war da

SPORT Mit Gold-Yogis und Laser-Gottheit eröffnen die Inder die Commonwealth-Spiele. Der Mittelstand von Delhi will zeigen, dass er die chinesische Konkurrenz wenigstens beim Feiern überholen kann. Und: Applaus für Pakistan

Die Inder tranken zu Hause, denn die Kneipen waren zu

In den Stationen der neuen U-Bahn-Linie zum Stadion, die schon 2008 hätte fertig sein sollen, klebten die Arbeiter am Sonntag noch rote Kacheln an die Wände. 100.000 Polizisten patrouillierten durch die Innenstadt Delhis. Ohne Ticket für die Eröffnungszeremonie der Commonwealth-Spiele wagte sich in Delhi kaum einer aus dem Haus.

Doch das alles störte am Abend die 60.000 Besucher im Nehru-Stadion nicht mehr. Sie waren aus dem Häuschen, als sich im Stadion der angeblich größte Heliumballon der Welt in die Luft erhob und die Projektionsfläche für eine gewaltige Lichtershow bot. Unter dem Ballon tummelten sich Tausende von Trommlern aus dem Märchenland Rajasthan. Später lösten sie golden gekleidete Yogaschüler ab, die vor einem riesigen Laserbuddha für Ruhe und Besinnlichkeit warben. Es folgte ein rockiger Hindisong als Erkennungsmelodie der Spiele, und das ganze Stadion tanzte.

Die Mischung war für das Mittelstandspublikum der indischen Hauptstadt offenbar gerade richtig: von Gandhi bis Bollywood, von Motiven aus der Frühgeschichte bis hin zur Moderne. Zum ersten Mal überhaupt leistete sich das Land eine derart aufwendige künstlerische Selbstdarstellung für ein Fernsehpublikum von weltweit zwei Milliarden Menschen.

Es sollte Indiens Antwort auf die olympische Eröffnungszeremonie vor zwei Jahren in Peking sein. Doch ein wenig hatte man sich das Fest schon vorher mit vielen Pannen beim Bau von Stadion, Athletendorf und U-Bahn vermiest. Die ursprünglich veranschlagten Kosten schnellten je nach Quelle um das 20- bis 60fache in die Höhe, viel Korruption war im Spiel.

Das vergaßen auch die Zuschauer im Nehru-Stadion nicht, als sie am Sonntag den indischen Organisationsleiter der Spiele, Suresh Kalmadi, trotz allem sonstigen Jubel hemmungslos auspfiffen. Prinz Charles, der die Spiele in Namen von Königin Elisabeth II. eröffnete, erging es da ganz anders. Ihm und den anderen Hochwürden des Commonwealth zollte man braven Respekt. Auch die Sportler aus dem politisch verfeindeten Nachbarland Pakistan wurden mit Applaus begrüßt. Am Ende schienen die Leute nicht nur von der Show, sondern von sich selbst begeistert. Manche feierten bis fünf Uhr morgens zu Hause, weil alle Kneipen der Stadt geschlossen waren. GEORG BLUME, DELHI

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