„Wir sind zu wenige“

RUSSLAND Umwelt-Journalisten haben keinen leichten Stand

taz: Herr Fjodorow, in Irkutsk ging gerade das deutsch-russische Medienforum zum Thema Umweltjournalismus zu Ende. Was sind die größten Probleme der russischen Kollegen?

Alexander Fjodorow: Wir sind zu wenige. Es ist unglaublich schwierig, mit Umweltberichterstattung seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.

Wie haben sich die Arbeitsbedingungen in den letzten Jahrzehnten verändert?

In der Zeit der Perestroika war es ungleich einfacher, das war überhaupt die liberalste Zeit, die der russische Journalismus bisher erlebte. Seit Ende des letzten Jahrhunderts wurde die Berichterstattung über Umweltprobleme dann aber aus den Medien verbannt. In Russland war die Idee ausgegeben worden, alles zur wirtschaftlichen Entwicklung zu tun, um zurück an die Weltspitze zu kommen. Ökologie musste erst mal zurückstehen.

Und das ist heute noch so?

Erst vor einigen Jahren wurde klar, dass wirtschaftliche Entwicklung ohne Ökologie nicht machbar ist. Seitdem kann man auch wieder ungehindert über solche Themen schreiben.

Drohen Umweltjournalisten trotzdem noch Repressalien?

Natürlich. Grigori Pasko zum Beispiel, Redakteur einer Militärzeitung, hatte recherchiert, was aus den alten Atom-U-Booten der russischen Pazifikflotte geworden war. Keine russische Zeitung wollte das brisante Material über vor sich hin rostende Atom-Reaktoren drucken. Also wandte sich Pasko an eine japanische Zeitung. Das wurde ihm als Landesverrat ausgelegt, er wurde ins Gefängnis gesperrt.

Was ist die wichtigste Recherche, die in Russland jetzt gemacht werden sollte?

Die Sotschi-Geschichte. Wir müssen wissen, wie groß der ökologische Schaden durch die Olympischen Winterspiele wirklich ist.

INTERVIEW: NICK REIMER

■ Alexander Fjodorow ist Vorsitzender der Vereinigung russischer Umweltjournalisten. Eine Langversion des Interviews finden Sie auf taz.de