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Thailand: Sorge um Bürgerrechte

Der Militärputsch war zwar populär, aber nun herrschen Medienzensur und Versammlungsverbot. Die Panzer auf den Straßen werden Touristenattraktion

BANGKOK taz ■ Nach dem unblutigen Militärputsch in Thailand mehrt sich unter Medien- und Journalistenverbänden die Sorge über die von der Armee verhängte Pressezensur und das Versammlungsverbot. Mit diesem Vorgehen hätte das Militär faktisch die Artikel 39 bis 41 der Verfassung aufgehoben, kritisierte die Medienrechtlerin Supinya Klangnarong von der „Campaign for Popular Media Reform“ (CPMR) gestern in einer offiziellen Stellungnahme. Zwar seien auch unter der gestürzten Thaksin-Regierung Demokratie und Bürgerrechte verletzt worden. Doch ein Putsch sei keine Lösung.

Die Aktivistin hat unter der Regierung Thaksin am eigenen Leib erfahren, was es heißt, die Mächtigen zu verärgern: Sie war nach einem Interview im Sommer 2003 vom Konzern „Shin Corp“, der bis vor wenigen Monaten noch der Familie des jetzt entmachteten Premiers Thaksin Shinawatra gehörte, wegen Verleumdung verklagt worden. Ein Bangkoker Gericht sprach sie jedoch im März dieses Jahres frei.

Derweil berät die Militärführung, die sich jetzt „Rat für demokratische Reform unter der konstitutionellen Monarchie“ nennt, über einen Interimspremier. Um die nötigen politischen Reformen zu bewerkstelligen, sei ein Rechtsexperte am geeignetsten, hieß es gestern. Als mögliche Nachfolger für den entmachteten Thaksin gelten derzeit drei Kandidaten: Der auch im Ausland anerkannte Chef der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (Unctad), Supachai Panitchpakdi; der Chef der Zentralnotenbank, Pridiyathorn Devakula; der Vorsitzende des obersten Verwaltungsgerichts, Ackaratorn Chularat. Letzterer sagte aber, dass noch niemand mit einer entsprechenden Bitte an ihn herangetreten sei. Gleichzeitig kündigten die Militärs an, einen Korruptionssonderausschuss einzurichten, der Thaksins Finanzgeschäfte untersuchen soll. Dem Expremier, der vorerst Zuflucht in London gesucht hat, war vorgeworfen worden, politische und geschäftliche Interessen zu vermischen.

Langsam legt sich in Bangkok die angespannte Stimmung nach dem Staatsstreich. Die im Regierungsviertel stationierten Panzer geraten gar zum Schauobjekt: Einheimische und Touristen pilgern dorthin und lachen in Kameras – Arm in Arm mit den Soldaten. Wann in dem buddhistischen Land allerdings wieder die Demokratie herrschen wird, ist ungewiss. Zwar hat der neue Machthaber General Sonthi Boonyaratkalin mittlerweile auch von Thailands hoch angesehenem König Rückendeckung bekommen und wurde gestern in einer vom Fernsehen übertragenen Zeremonie durch die Verlesung eines königlichen Erlasses offiziell als Führer des neuen Militärregierungsrats anerkannt. Er hat eine zivile Übergangsregierung binnen zwei Wochen versprochen. Neuwahlen soll es aber erst im Oktober 2007 geben. Zuvor soll noch eine Verfassungsänderung erarbeitet werden, welche die Macht des künftigen Regierungschefs von vornherein beschneidet. Bis es so weit ist, werden wohl die Militärs die politischen Fäden ziehen.

NICOLA GLASS

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