„Verursacher von Giftmüll sollen zahlen“

Klaus Töpfer, Ex-Chef des UN-Umweltprogramms, fordert nach dem Giftmüllskandal an der Elfenbeinküste ein gemeinsames und größeres Engagement der Industriestaaten. Dazu gehörten bessere und frühere Kontrollen sowie klare Haftungsregeln

Wir wälzen die Kosten unseres Wohlstandes auf die Ärmsten der Armen ab

INTERVIEW THORSTEN DENKLER

taz: Herr Töpfer, einst sind Sie durch den Rhein geschwommen. Sie wollten zeigen, wie sauber der ist. Wie lautet Ihr Badetipp für die Elfenbeinküste?

Klaus Töpfer: So einen Tipp habe ich nicht. Ich spüre nur großen Ärger und große Wut, dass in dieser Zeit solche Dinge noch passieren können. Wir wälzen die Folgekosten unsere Wohlstandes einfach auf die Ärmsten der Armen ab. Das ist nicht nur eine rechtliche, das ist vor allem eine ethische und moralische Frage.

Ihr Nachfolger als Leiter des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, Achim Steiner, sagt, wir werden in Zukunft noch öfter mit solchen Fällen rechnen müssen. Die Globalisierung mache es immer einfacher, Giftmüll quer über den Globus zu verschiffen. Teilen Sie die Ansicht?

Wir haben es zunächst mal mit der Baseler Konvention geschafft, Gifttransporte in Entwicklungsländer erheblich einzudämmen. Das ist ein Erfolg. Übrigens auch von Nichtregierungsorganisationen wie Greenpeace. Ohne die hätten wir das nicht geschafft. Dass aber der Anreiz, so etwas zu tun, größer wird, ergibt sich aus der Tatsache, dass die Entsorgung von Sondermüll in den Industrienationen immer teurer wird – richtigerweise. Damit steigt auch, wenn Sie so wollen, die Prämie für kriminelles Handeln.

Wo muss angesetzt werden?

Diesen Fall sollten alle Industrieländer zum Anlass nehmen, um zu überprüfen, ob so etwas bei ihnen ausgeschlossen ist. Wir müssen die Kontrollen so gestalten, dass solche Transporte unmöglich gemacht werden. Die Frage ist auch, ob wir die Baseler Konvention noch schärfer machen müssen.

Die Baseler Konvention ist zweimal verschärft worden. In anderen Abkommen ist festgelegt, dass Giftmülltransporte in Entwicklungsländer absolut verboten sind. An Verboten mangelt es offenbar nicht.

Verbote schützen in der Tat nicht davor, dass es krimineller Intelligenz gelingt, sie zu umgehen. Was fehlt, sind eindeutige Haftungsregeln. In der Baseler Konvention ist ein Handlungsprotokoll dazu ausverhandelt worden. Es ist aber noch nicht ratifiziert. Das wäre wichtig, um die ökonomischen Konsequenzen solcher Fälle sofort den Verursachern aufbürden zu können.

Sind die Entwicklungsländer nicht sowohl mit dem Müll als auch mit den Folgen überfordert?

Deshalb brauchen wir Programme zur – wie wir es nennen – Kapazitätsbildung. Schon vor der Anlandung muss sichergestellt werden können, mit welcher Fracht die Schiffe in den Hafen kommen. Dafür muss der Sachverstand der Behörden vor Ort geschult werden. Das kann man nicht ohne weiteres von den Entwicklungsländern erwarten. Da müssen wir erheblich mehr investieren als in der Vergangenheit. Die Kosten kann man auch den Verursachern von Giftmüll generell in Rechnung stellen. Es müssen ja nicht immer Steuermittel dafür aufgewendet werden. Hinzu kommt, das häufig nicht der Giftmüll exportiert wird, sondern gleich die ganze Anlage, die den Giftmüll erzeugt.