Kunstrundgang: Meike Jansen schaut sich in den Galerien von Berlin um
Man könnte meinen: Gesellschaftliche Umbruchsituationen erfordern drastische künstlerische Darstellungen. Dabei ist die Beschneidung eines Mannes ein sehr persönlicher Akt, kann aber über die Identifikation mit einer Religion zu einem Politikum werden. Der Bulgare Krassimir Krastev alias Rassim© scheut sich daher nicht, seine Beschneidung in einem Video festzuhalten. Nachdem er für „After the wall“ 2003 im Hamburger Bahnhof in „Correction I“ zeigte, wie er sich mit Hilfe von Anabolika und hartem Training in seinem Atelier zu einem perfekten Künstler verwandelt und so den Körperkult des Westens wie die Kapitalisierung des Künstlers auf dem Kunstmarkt ironisierte, verweist er mit „Correction II“ auf die Aggressionen der multiethnischen Gesellschaft seines Heimatlandes. Die minutiös festgehaltene Operation ist nichts für Sensible, wirft aber Fragen über kollektive Identität und die Bewusstwerdung des „Selbst“ auf, deren Antworten ähnlich schmerzlich sein könnten, wie das blutige Schauspiel assoziiert.Wer es weniger krass mag, kann sich noch bis 21.10. für „The day of figurines“ anmelden. Dahinter verbirgt sich ein sich in der Testphase befindendes Medien-Projekt der Nottingham Trent University, dessen Datenauswertung sicherlich einige Studien über soziales Verhalten bereichern wird. Im Foyer steht ein großes Spielbrett, dass eine langsam verfallende Stadt (Brighton!) symbolisiert. Etwa 100 Figuren werden von SpielerInnen auf der Suche nach Sinn, Abenteuer und Kontakt via SMS durch die Stadt geleitet. Das Spiel wird in Englisch absolviert und richtet sich in der Dynamik nach der eigenen Bereitschaft, Zeit zu investieren. Ich selbst stehe seit 3 Tagen (im Spiel 3 Stunden) ratlos, aber mit festem Willen, Versuchstiere zu befreien, vor den Toren eines Instituts. Gerade gab es eine Sonnenfinsternis. Nur, was tun?
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