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Studis flüchten vor Gebühren

3.500 Studierende weniger als noch vor einem Jahr erwarten die Landes-Hochschulen im Wintersemester. Selbst Minister Pinkwart sieht einen Grund dafür in den neuen Studiengebühren. Kritik kommt auch von Landes-Beschäftigten

DÜSSELDORF taz ■ Nach der Einführung von Studiengebühren haben sich weniger Studierende an Nordrhein-Westfalens Hochschulen eingeschrieben. Einen Schwund von mehr als 3.500 StudienanfängerInnen im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet das Wissenschaftsministerium zum Semesterstart. Das sagte gestern Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP). Er sieht einen Zusammenhang mit den Studienbeiträgen, die dieses Semester an 18 Hochschulen in NRW zum ersten Mal fällig werden: „Dass die Einführung einen Effekt auf die Anfängerzahlen hat, ist unstrittig“, so Pinkwart. Insgesamt sind im Land nun mit rund 64.000 über fünf Prozent Studierende weniger eingeschrieben.

Das Wissenschaftsministerium erwartet trotzdem tausende zusätzlicher StudienbewerberInnen in den kommenden Semestern. „Die aktuellen Zahlen sind eine absolute Momentaufnahme“, sagte Pinkwart. Das bezweifeln allerdings StudierendenvertreterInnen in NRW: „Die Studierenden werden abgeschreckt und sind verunsichert“, sagte Isabel Falagan vom Landes-Asten-Treffen. Sie vermutet, das Wissenschaftsministerium wolle durch die Semesterbeiträge auch die Hochschulen entlasten: „Wenn weniger Leute studieren, löst man auch das Problem der überfüllten Hörsäle“, so Falagan.

Nach Aussage Pinkwarts haben die Hochschulen in diesem Semester mehr Kapazitäten für die Lehre als in den vergangenen Jahren. Vorher waren sie demnach um bis zu 160 Prozent überlastet. Grund seien vor allem neue Zugangshürden. So haben im Wintersemester 43 Prozent aller Studiengänge in NRW einen Numerus Clausus (NC). Damit ist die Zahl der Noten-beschränkten Fächer um zehn Prozent seit 2005 gestiegen.

Die NC-Fächer verstärken den abschreckenden Effekt der Studienbeiträge noch, kritisiert Ruth Seidl, hochschulpolitische Sprecherin der Grünen in NRW. „Aus unserer Sicht werden nun mehr Jugendliche versuchen, eine Ausbildung zu machen, anstatt zu studieren“, sagte Seidl. Dadurch würden sich in Zukunft noch mehr BewerberInnen als jetzt erfolglos auf einen Ausbildungsplatz bewerben. Das vermutet auch die SPD: „Obwohl die Anzahl der jungen Menschen mit Abitur seit Jahren kontinuierlich ansteigt, sind die Anfängerzahlen an den Hochschulen eingebrochen“, sagte Marc Jan Eumann, stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender im Landtag. Laut dem Schulministerium gab es in diesem Semester rund 5.000 Studienberechtigte mehr als vergangenes Jahr.

Widerstand gegen Pinkwarts Arbeit kommt inzwischen auch von seinen Beschäftigten an den Hochschulen. Ein Viertel der 43.000 MitarbeiterInnen hat bisher Widerspruch gegen das so genannte Hochschulfreiheitsgesetz des Wissenschaftsministeriums eingelegt, das zurzeit im Landtag verhandelt wird. Die Landesangestellten fürchten, dass sie leichter gekündigt werden können, falls die Hochschulen in eigenständige Körperschaften umgewandelt werden, wie es das Gesetz schon ab kommendem Jahr vorsieht. Das betreffe vor allem die befristet Angestellten, sagte Klaus Böhme, Vorsitzender des Personalrats beim Wissenschaftsministerium: „Die Beschäftigten würden in einer Zwei-Klassen-Gesellschaft arbeiten.“

Wenn das Gesetz beschlossen wird und die Beschäftigen mit ihrem Widerspruch ernst machen würden, müsste das Land sie weiterhin beschäftigen, so Böhme. Minister Pinkwart sieht keinen Grund für die Ängste: „Die Personalkosten bleiben den Hochschulen gesichert.“ Er hofft nun, dass die Beschäftigten ihre Einsprüche zurücknehmen.

MORITZ SCHRÖDER

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