NICOLA GLASS ÜBER DIE AMTSENTHEBUNG DER REGIERUNG IN THAILAND: Die einäugige Justitia
Das Urteil des Verfassungsgerichts gegen Premierministerin Yingluck Shinawatra und Teile ihres Kabinetts war keine Überraschung: Wiederholt hatte Thailands Justiz, gesteuert von einem Netzwerk aus konservativen, ultraroyalistischen Technokraten, Politikern und Militärs, dafür gesorgt, dass sämtliche Parteien des 2006 vom Militär gestürzten Premiers Thaksin Shinawatra politisch kaltgestellt wurden. Stets lautete der Vorwurf auf Wahlbetrug.
Eine ähnlich negative Entscheidung wird in Kürze auch von der Antikorruptionsbehörde erwartet, die Thaksins Schwester Yingluck, unabhängig vom heutigen Urteil, Verfehlungen bei einem staatlichen Subventionsprogramm für Reis vorwirft.
Zwar sind Gerichte und andere Institutionen nötig, um Amtsmissbrauch kontrollieren und sanktionieren zu können. In Thailand sind diese Gerichte aber keineswegs unabhängig. Ihre Entscheidungen richten sich ausschließlich gegen die Anhänger Thaksins. Man klammert bewusst aus, dass Verfehlungen wie Korruption und Machtmissbrauch ebenso im Lager der Konservativen und Ultraroyalisten zu finden sind.
Aber das Urteil wird Folgen haben: Die regierungstreuen Rothemden werden sich nicht politisch entmündigen lassen und alles tun, damit es zu Neuwahlen kommt und die Regierung bis dahin im Amt verbleibt. Eine demokratisch nicht legitimierte Übergangsregierung, wie von der Opposition gefordert, werden sie nicht tolerieren. Thailands Konflikt bleibt auch weiter ungelöst und könnte in einen Bürgerkrieg münden. Aber das ist den alten, konservativen Eliten, die weder ihre Macht noch ihre Pfründen teilen wollen, völlig egal.
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