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UNTERM STRICH

Die Braut, die keinen Vater hat, der ihren Tanz anführt. Der kleine Bruder, der sich nun wünscht, dass der große ihn ärgert. Die Mutter, deren Sohn ihr keine Blumen mehr bringen wird. Die deutsch-jüdische Schriftstellerin Esther Dischereit hat sich in acht Klageliedern einfühlsam in die Hinterbliebenen der NSU-Mordserie hineinversetzt. Die Klagelieder bilden den ersten Teil des deutsch-türkischen Buches „Blumen für Otello“ und sollen laut Dischereit, „den Verlust sichtbar machen, Leiden und Klagen ermöglichen“.

Der Klage folgt die Anklage. Den umfangreichsten Teil des Buches bildet ein Libretto in acht Szenen. In zwei Szenen trifft Shakespeares schwarzer General Otello auf eines der Mordopfer, den Blumengroßhändler Enver Simsek, der stellvertretend für alle Opfer steht. Otello, der seine Frau aus angestachelter Eifersucht tötete und selbst Rassismusopfer ist, will wissen, warum Enver erschossen wurde. So kommen die groben Ermittlungsfehler der Behörden zur Sprache, die zunächst im Umfeld der Opfer ermittelten. – Heute um 21.33 Uhr sendet das Deutschlandradio Kultur Dischereits „Blumen für Otello. Die Verbrechen von Jena“ mit unter anderem Leslie Malton, Tilo Prückner und der Autorin selbst als Sprechern. Das Buch ist im Secession Verlag für Literatur, Zürich, erschienen. Es kostet 29,95 Euro.

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